laut.de-Kritik

Selten haben sie so sehr gerockt wie auf dieser Scheibe.

Review von

Die neue Within Temptation-Scheibe ist genau das, was ich eine handfeste Überraschung nenne. Hatte ich beim Vorgänger "The Silent Force" noch bemängelt, dass der ganze Bombast zu sehr auf Kosten der Gitarren geht, kann davon auf "The Heart Of Everything" wohl keine Rede mehr sein.

Ganz im Gegenteil! Der Opener "The Howling" (Zockerfans schon vom Online-Rollenspiel "Spellbound" bekannt) lässt die Klampfen ordentlich braten. Vor allem Sharon begeistert mich mit erstaunlich kraftvollem Gesang. Anstatt nur elfenhaft ins Mikro zu hauchen - vom kurzen Mittelteil mal abgesehen - will die junge Mutter wohl nicht hinter den Gitarren zurückstecken. Natürlich bleiben die Keyboards dabei nicht auf der Strecke, sondern fügen sich in die rockigen Riffs ein und drängen dabei nicht in den Vordergrund.

Ähnlich geht es auch bei "What Have I Done" zu. Allerdings kommt hier noch ein männliches, markantes Gesangsorgan dazu, das ich im Leben nicht Keith Caputo zugeschrieben hatte. Der sonst gern etwas weinerlich klingende Gesangsgnom macht hier richtig Druck. Dass manch einer gewisse Parallelen zu "Bring Me Back To Life" von Evanescence entdecken mag, will ich hier nicht ausschließen und auch der Name Lacuna Coil blitzt mir immer mal wieder durch's Hirn. Aber wen kratzt das bei einer erstklassigen Rocknummer mit tollem Gesang und klasse Musik?

Bevor sie sich aber in einen wahren Rausch rocken, wissen die Holländer, was sie ihren Fans schulden und gehen mit "Frozen" deutlich vom Gas. Eine schöne Ballade, die - ich kann mich nur wiederholen - gerade wegen des Gesangs von Sharon Den Adel lebt. Die Dame traut sich scheinbar deutlich mehr zu als noch vor ein paar Jahren. So gelingt ihr ein deutlich emotionalerer Gesang. Das kommt auch ohne Frage dem Titeltrack zugute, bei dem ich ernsthaft Probleme hätte, den Song ohne entsprechendes Vorwissen der Band zuzuordnen. Respekt!

Dafür bewegen sie sich mit "All I Need" und dem folgenden "Our Solemn Hour" sowohl musikalisch als auch gesanglich auf eher altgewohntem Terrain. Vor allem letztgenannte Nummer hat den gewohnten, orchestralen Bombast, den viele an Within Temptation schätzen. Auch an "Hand Of Sorrow" werden eher die alten Fans ihre Freude haben, da sich die Sängerin hier wieder mehr aufs Trällern, denn aufs singen beschränkt.

Um noch einmal den Namen Lacuna Coil aufzugreifen ;mit denen im Mai ja schon die US-Tour ansteht: Die Niederländer kokettieren bei Songs wie "The Cross", ähnlich wie die Italiener auf "Karmacode", mit elektronischen Spielereien, die auf dem amerikanischen Markt gut ankommen. Modern und düster geht es auch mit "Final Destination" weiter. Ich befürworte den Mut der Band zu weniger massenkompatiblen Sounds durchaus.

Bevor "The Truth Beneath The Rose" gewohnt bombastisch das Ende der Scheibe markiert, liefert die Klavierballade "Forgiven" den absoluten Ruhepunkt des Albums. Bei der Nummer lasse ich mir sogar den zart gehauchten Gesang von Sharon gefallen. Dank der weitgehend rockigeren, dunkleren Elemente ist "The Heart Of Everything" für mich das bisher beste Album von Within Temptation.

Trackliste

  1. 1. The Howling
  2. 2. What Have You Done (Album Version)
  3. 3. Frozen
  4. 4. Our Solemn Hour
  5. 5. The Heart Of Everything
  6. 6. Hand Of Sorrow
  7. 7. The Cross
  8. 8. Final Destination
  9. 9. All I Need
  10. 10. The Truth Beneath Rose
  11. 11. Forgiven

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3 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    Da kann ich mich meinem Vorredner nur anschließen - Überraschung pur

    "Silent force" war die erste CD, die mich aufhorchen ließ, bis dahin fand ich die Band und vor allen Dingen Sharons Stimme zum Wegrennen...
    Und nun die aktuelle Scheibe .... einfach nur genial und zum Niederknien, sie hat ihre Stimme weiter ausgebildet, was offensichtlich nicht geschadet hat :D - besonders angetan haben es mir:

    - the howling
    - what have you done (da geht einer gegen Sharons Stimme richtig unter)
    - our solemn hour (bombastic aber Klasse *g*)
    - hand of sorrow (richtig guter 80-er Jahre Heavy Rock ;) )
    - the truth beneath the rose (einfach *goiel* und mein Fav, obwohl sie da doch öfters nach früher Sharon klingt)
    - Forgiven (wunderschön und erinnert ich von der Stimme her etwas an Bat Banatar)

    Der Titelsong rieß mich nicht vom Hocker

    Mein Fazit: weiter so und: Kaufen, kaufen, kaufen :)

  • Vor 16 Jahren

    Also ehrlich gesagt mir gefällt sie nicht so, die neue Scheibe.

    Sie ist nicht stimmungsvoll, die aus der letzten CD bekannte Melodie-Vielfalt lässt nach oder ist gar nicht vorhanden.

    The Silent Forse ist monumental, melodisch, fast symphonisch und etwas unheimlich. Dabei musikalisch zimlich anspruchsvoll. Das finde ich einfach klasse.
    Bei der neuen CD hingegen kann man sich vor lauter Gitarrengejaule an manchen Stellen schon nicht mehr retten. Da haben Within Temptation sich das Leben zu leicht gemacht, soetwas ist einfacher zu komponieren...

    Leider missfällt mir auch die ansonsten zarte Stimme an manchen Stellen. An einer Stelle habe ich zuerst gedacht diese Röhre von Alanis Morisette hätte mitgesungen --- eine entsetzliche Vorstellung !

    Schade, meine Erwartung war zu hoch,

  • Vor 16 Jahren

    @Cla1 (« Also ehrlich gesagt mir gefällt sie nicht so, die neue Scheibe.

    Sie ist nicht stimmungsvoll, die aus der letzten CD bekannte Melodie-Vielfalt lässt nach oder ist gar nicht vorhanden.

    The Silent Forse ist monumental, melodisch, fast symphonisch und etwas unheimlich. Dabei musikalisch zimlich anspruchsvoll. Das finde ich einfach klasse.
    Bei der neuen CD hingegen kann man sich vor lauter Gitarrengejaule an manchen Stellen schon nicht mehr retten. Da haben Within Temptation sich das Leben zu leicht gemacht, soetwas ist einfacher zu komponieren...

    Leider missfällt mir auch die ansonsten zarte Stimme an manchen Stellen. An einer Stelle habe ich zuerst gedacht diese Röhre von Alanis Morisette hätte mitgesungen --- eine entsetzliche Vorstellung !

    Schade, meine Erwartung war zu hoch, »):

    Da gebe ich dir völlig recht, die "Silent Force" war deren Meisterstück!
    Wenn der "Experte" Edele mal wieder die Guitars lobt, dann vergisst er das symph. Rock mit Goth. Einschlag nun mal nicht das Brevier für Gitarrengeschrammel ist!
    Ich hoffe das sich WT nicht allzuweit vom symph. Bombast etc - den viele an denen so lieben - entfernen. Für Gitarren-Freaks gibts genug andere Bands! Und wenns doch anders kommt? Nun meine Silent Force kann mir keiner mehr nehmen - ich hänge eh mehr an guter Musik denn an Bands. Sollte WT woanders hinziehen muß unsereins ja nicht mitlatschen.