laut.de-Kritik

Das sanfte, substanzlose Nichts ersetzt die Melancholie.

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Der Sommer ist da. Jetzt aber auch wirklich. Passend zur jahreszeitlichen Temperierung werfen 2raumwohnung die Fenster auf. Herein lassen sie sommerliche Rhythmen und Instrumentals. Ihre alten Hits und auch vereinzelte Neukompositionen flirren im schwüleren Latino-Outfit durch die Boxen.

Interessant ist indes anders. Salsa und Bossa sind spätestens seit Ende der Neunziger Jahre ausgelutscht, als schlimme Bewegungsgrobmotoriker auf den entsprechenden Partys den Patientennachschub der orthopädischen Zunft sicherten. Gräuslich! Inga Humpe und Tommi Eckart perfektionieren vornehmlich mit Akustik-Gitarre, spärlichen Keyboard-Einwürfen und sanften Grooves die Langeweile eines hitzigen Sommertages. Selbst ein Stan Getz-Zitat ("Liebe") mutiert so zum Förderer des Gähn-Faktors. Die sanfte Brise, die zum Abschluss erklingt, befördert den Hörer endgültig ins Reich der Träume.

In "Keiner Kommt Hier Lebend Raus" proklamiert Humpe "Hey, ich muss mal kurz hier raus", sowie "ich weiß nicht, warum ich hier bin". Vor allem weiß ich nicht, warum ich mir dieses Sammelsurium an leidenschaftsloser, valiuminfizierter Drögness überhaupt antue. Eventuell, weil Alben der 2raumwohnung immer einen gewissen Charme versprühten, auch wenn das Duo mit der Zeit immer mehr nachließ? Der Bonus ist mit vorliegendem, absolut unnützem Output endgültig dahin. Vielleicht hätten Humpe und Eckart lieber noch ein Remix-Album auf den Markt werfen sollen, statt mit uninspiriertem Gedudel ihre Hörerschaft einzulullen.

"Wir trafen Uns In Einem Garten" entwickelt sich bereits nach wenigen Sekunden zu einer Gänsehaut hervorrufenden Trallala-Orgie. Die Version 2005 sollte besser "Wir Trafen Uns In Einem Ziemlich Öden Und Langweiligen Garten" heißen - erst zum Schluss hin, wenn das Tempo anzieht, blinzelt die Koketterie des Originals in Ansätzen durch. Können denn entspannte Sounds Sünde sein? Natürlich nicht. Zwischen akustischer Entspanntheit und vertonter Schlaftablette liegt ein kleiner jedoch feiner Unterschied.

Der Titeltrack "Melancholisch Schön" fasst die Ambition der Platte und ihr gleichzeitiges Scheitern gut zusammen. Das sanfte, substanzlose Nichts ersetzt die Melancholie, die gewollte Schönheit geht in instrumentellen Standards unter. Der 2raumbossa funktioniert als Gutenachtgeschichte, bevor dem Hörer vor lauter Schlaffheit der Speichel aus dem Mundwinkel rinnt. *schnarch*

Trackliste

  1. 1. Melancholisch Schön
  2. 2. Sexy Girl
  3. 3. Morgen Lass Ich Dich Frei
  4. 4. Nimm Mich Mit (Nach Caracas)
  5. 5. Ich Und Elaine
  6. 6. Spiel Mit
  7. 7. Verlaufen
  8. 8. Elisabeth
  9. 9. Wir trafen uns in einem Garten
  10. 10. Keiner Kommt Hier Lebend Raus
  11. 11. Liebe

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