Agf/Delay - " Explode"

Wenn es ein übergreifendes, gesellschaftspolitisches Thema gibt, dem sich in den vergangenen Jahren alle anderen unterordnen mussten, dann ist dies der Terror. Präsident Bush führt das Wort bei jeder Ansprache mehrmals auf den Lippen, und auch die täglichen Nachrichtensendungen sind voll von Meldungen über Tote im Irak, Geiselnahmen in Russland oder Attentate palästinensischer Selbstmordkommandos in Israel. Mit "Explode" findet der möderische Wahnsinn nun Eingang in die Populärkultur.

Federführend bei diesem Kunstprojekt der anderen Art sind der finnische Soundforscher Vladislav Delay aka Luomo aka Sasu Ripatti und die deutsche Vokalkünstlerin Antye Greie aka AGF. Inspiriert wurde das Duo durch einen Artikel, der sich mit der Motivation von Selbstmordattentätern befasst und dabei den Bogen von den frühen russischen Anarchisten über die Todespiloten des 11. September bis hin zur zweiten Intifada im Nahen Osten unserer Tage spannt.

In musikalischer Hinsicht gibt sich "Explode" äußerst puristisch. Zentrales Element des Albums sind die von Antye Greie mit viel Gefühl und Melodie vorgetragenen Lyrics, die so gar nicht zur textlichen Ebene passen wollen. Dennoch verströmen sie eine Magie, der man sich schon nach kurzer Zeit dank ihrer meditativen Ruhe nicht mehr entziehen will. "Explode" atmet mit jedem Takt die karge nordfinnische Landschaft, in der das Album im vergangenen Sommer entstand.

Untermalt wird der dunkle Sprechgesang von Antye Greie durch reduzierte Beatfragmente, die sich manchmal zu einem sanften Groove auswachsen, sowie einigen spärlich eingestreuten Flächen aus dem umfangreichen elektronischen Laboratorium des Vladislav Delay. Mit "Explode" haben Greie und Delay ein spannendes und zugleich kunstsinniges Projekt aus der Taufe gehoben, das sich nicht allein im bloßen Unterhaltungscharakter erschöpft, sondern andeutet, was gemeint ist, wenn man von der gesellschaftlichen Relevanz der Kunst spricht.