laut.de-Kritik

Der Meister des Mestizo meldet sich zurück.

Review von

Gerade bei polarisierenden Bands oder Künstlern sollte eine Rezension vielleicht etwas mehr als eine Kaufempfehlung geben, die bei einem Musiker wie Manu Chao ja fast selbstverständlich ist. Wobei die Kritiker dem sich gern selbst zitierenden Gran Senor des Mestizo bislang meist gerade das vorwarfen, weswegen ihm Andere so gerne zuhörten.

Derweil zeichnet sich die aktuelle Platte "La Radiolina" dadurch aus, dass Manu Chao eine unerwartet große Spannbreite von Genres aufreißt, in denen er wiederum auf gewohnte Art und Weise Samples streut, markante Gitarrenläufe und andere Motive auch stückeübergreifend platziert, sowie mit seinem unverwechselbaren Gesang für Wiedererkennungswert sorgt.

So kommt nach den ersten zwei eher üblichen Nummern "Politik Kills" erstaunlich dubbig rüber und verliert selbst über den pamphletisch-minimalistischen Sprecheinlagen nicht an Drive. Die poetisch formulierte Kapitalismuskritik orientiert sich zwar eher an Allgemeinplätzen der globalisierungskritischen Bewegung, ist aber analytisch den Äußerungen bspw. eines Gentleman immer noch meilenweit voraus, der mit seiner grün-gelb-roten Sonnenbrille nicht über die Position des weißen, heterosexuellen Gutmenschen hinauskommt.

Bald fällt beim Hören des Albums die ausgeprägte Affinität zum Rock auf, nicht nur beim vorab frei im Internet veröffentlichten "Rainin In Paradize" oder dem angenehm wenig auf die Tränendrüse drückenden Liebeslied "The Bleedin Clown". Manu Chao hat bei der mittlerweile aufgelösten Formation Mano Negra in diesem Genre genügend Erfahrung gesammelt, dass ihm die härteren Sounds hörbar wenig Mühe machen, wenngleich er stimmlich nicht gerade die Rockröhre schlechthin ist.

Mit Radio Bemba hat sich der Wahl-Barcelonese bewährte musikalische Unterstützung geholt, mit erfahrenen Musikern wie dem Trompeter Roy Paci, die dem Sound die gewohnte Fülle geben und nicht selten das Feeling einer Live-Platte vermitteln. Nichts desto trotz fehlen mir manchmal etwas fettere Bässe, ich habe mich mehrmals beim Schielen auf den Tiefenregler meiner Anlage erwischt. Aber vielleicht ist das der Preis, den man zahlen muss, wenn man einem Weltenbummler zuhören möchte, der seine Geschichten und Erfahrungen lieber von befreundeten Musikern untermalen lässt.

A propos Freunde: Features von anderen Artists auf "La Radiolina" sind recht rar gesät, lediglich musikalische Unterstützung z.B. in Form einer Flamenco-Gitarre für das geniale "Me Llaman Calle" (wofür übrigens der Film "Princesas" mit dem Goya in der Kategorie "Bester Filmsong" ausgezeichnet wurde) hat sich der Künstler ins Boot geholt. Dafür werden der geneigten Hörerschaft bestimmte Liedzeilen aus Features Manu Chaos auf Alben von Bands wie GoLem System und Amadou & Mariam bekannt vorkommen, die hier wieder aufgegriffen werden.

Es gilt also, neben der Kaufempfehlung auch die Hoffnung zu formulieren, dass zumindest ein Teil der Fangemeinde auch die mittlerweile äußerst differenzierte Mestizo-Szene Südeuropas zur Kenntnis nimmt, die mit Bands wie Macaco, Ojos de Brujo, Amparanoia, Golem System, Fermin Muguruza u.a. schon lange aus dem Schatten von Manu Chao herausgetreten ist. Wozu der Altmeister ja auch bereits einiges beigetragen hat.

Trackliste

  1. 1. 13 Días
  2. 2. Tristeza Maleza
  3. 3. Politik Kills
  4. 4. Rainin In Paradize
  5. 5. Besoin de la Lune
  6. 6. El Kitapena
  7. 7. Me Llaman Calle
  8. 8. A Cosa
  9. 9. The Bleedin Clown
  10. 10. Mundorévès
  11. 11. El Hoyo
  12. 12. La Vida Tombola
  13. 13. Mala Fama
  14. 14. Panik Panik
  15. 15. Otro Mundo
  16. 16. Piccola Radiolina
  17. 17. Y Ahora Qué ?
  18. 18. Mama Cuchara
  19. 19. Siberia
  20. 20. Soñe Otro Mundo
  21. 21. Amlucada Vida

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25 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    Ich kenne nur die "King Of Bongo" von Mano Negra. Aber stimmt schon, "La Radiolina" ist an diesem Sound viel näher dran. Vielleicht gefällt mir das Solodebüt deshalb besser, es ist etwas eigenständiger.

  • Vor 16 Jahren

    Ganz großer Musiksport! Die rockigen Einflüße gefallen mir sehr gut, beim ja eher seichten "Proxima Estacion Esperanza" lief mir im Mittelteil vieles fast schon am Ohr vorbei.

    Lieblinge: The Bleedin Clown, Besoin de la lune, 13 Días

  • Vor 16 Jahren

    also erstmal ein sau geiles album !
    der typ iss einfach der king !!
    aber,wie zuvor schon erwähnt er benutzt zu oft dieselben melodien... wenn das 2 mal iss,ok dann is das halt sein style
    aber 4 mal auf einem album muss ja nich sein,oder ??
    naja bis auf diesen einen kritikpunkt aber eine runde sache und fetziger als die vorgänger