laut.de-Kritik
Der frühere Genesis-Sänger packt den Rhythmus-Hammer aus.
Review von Joachim Gauger"Diese Platte", erklärt Peter Gabriel die Intention, die er mit seinem neuen Studioalbum "Up" verfolgte, "konzentriert sich mehr auf Anfang und Ende des Lebens, weniger auf seine Mitte." Die musikalischen Anfänge, das waren bei Gabriel vom Ende der 60er bis Mitte der 70er einige überaus erfolgreiche Jahre bei Genesis, der englischen Monster-Konzeptrock-Band.
"Darkness", der erste Song von "Up", erinnert in mehrerer Hinsicht an Genesis und versprüht den Geist der frühen Jahre. Da wären neben dem epischen Format, die überraschenden Wendungen, die starken Kontraste in Tempo und Dynamik zwischen Strophe und Refrain und die melancholischen Synthie-Flächen. Abgehört von den messerscharfen Keyboard-Riffs, die vereinzelt aus dem vielfach verschlungenen musikalischen Fluss ragen, klingt das wie eine soundtechnisch aufgepeppte Version von "Selling England By The Pound" oder "Lamb Lies Down On Broadway".
Mit "Growing Up" packt Gabriel dann aber sogleich wenn nicht den Sledge-, dann doch den Rhythmus-Hammer aus: Nach einer ruhigen, von Celloklängen begleiteten Einleitung stimmen diverse nach Bongos und Buschtrommeln klingende Schlaginstrumente einen hypnotischen Wirbel an, bevor angekündigt von elektrisierenden Keyboard-Trompetenstößen und begleitet von stampfendem Bass die Elefantenherde einläuft.
Gabriels Interesse an Ethno-Sounds ist bekannt. Neuartig im Repertoire hat der musikalische Tausendsassa hölzerne Kammerbläser im (alp-)traumhaft-schönen "My Head Sounds Like This", ein paar Desert-Rock-Elemente à la Calexico im etwas langwierigen "Don't Leave" sowie angestrengte Frauenchöre, die die hymnenhafte Schnulze "Sky Blue" aber auch nicht wirklich retten können. Toll dagegen "The Drop", das sich ebenso behutsam einschmeichelt wie "The Barry Williams Show" umgekehrt ungeduldig vorwärts treibt.
Überzeugen kann "Up" vor allem da, wo Gabriel sich selbst zitiert, wo er die Klänge, Melodielinien und Harmonien aus seinen früheren Album neu zusammen setzt und seine ganze Erfahrung ausspielt. Und wenn Peter Gabriels neues Album mit großer Spannbreite fast wie eine Bilanz und eine Übersicht daher kommt, erzählt es vielleicht tatsächlich von Anfang und Ende. Gewachsen aber ist es aus der blühenden Lebensmitte.
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