laut.de-Kritik
Musikalische Reise in elf wunderschönen Etappen.
Review von Max BrandlEine faszinierende Reise in ihr Leben hat die Norwegerin mit "Cause And Effect" geplant: Der Titel verdeutlicht, dass es ihr beim vierten Album um mehr geht als das Verarbeiten kürzlich gemachter Erfahrungen. Ein langer und intensiver Blick in den Rückspiegel auf der Straße ihres bisherigen Lebens diente als Inspirationsgrundlage für den neuen Longplayer.
Maria Mena selbst spielt kein Instrument, ihr einziges Ausdrucksmittel ist ihre sensible, manchmal gar naiv wirkende Stimme, von der sie selbst sagt: Sie "hat sich weiterentwickelt. Es ist eine interessante Erfahrung, zu erleben, wie sie immer stärker wird. Heute bin ich in der Lage, eine ganze Reihe anderer Songs zu singen und ich hoffe, dass den Leuten das auf dem Album auffällt."
Das tut es. Der Vergleich mag vermessen sein, aber die Norwegerin klingt hier wie eine mainstream-kompatible Björk, getragen von gefühlvollen und eingängigen Piano- und Streicher-Arrangements. Die nordische Parallele findet sich weniger in den bereits beim ersten Hördurchgang gefälligen Melodien, mehr in der ähnlich vorsichtig-zerbrechlichen und im nächsten Moment doch wieder kraftvoll-detailreichen Intonation.
Obwohl sie selbst zugibt, dass es ihr Produzent Martin Sjolie mit ihr nicht leicht hatte, hat dieser bei der musikalischen Umrahmung ihrer Stimme Maßarbeit geleistet: Ob er nun den für Pop-Verhältnisse kompromisslos aufrichtigen Titelsong "Cause And Effect" im einen Moment treibend, im nächsten gebremst instrumentiert, dem kraftvollen "Power Trip Ballad" Marschtrommeln zur Seite stellt oder das traurig-schöne "Where Were You" in reines Klaviergeschmeide kleidet: Die Musik begleitet Marias Stimme stets wie ein ergebener Diener, bester Freund und vornehmer Ritter zugleich. Selbst das zunächst etwas befremdlich wirkende KISS-Cover "I Was Made For Lovin' You" adaptiert Maria Mena so gekonnt und eigenständig, dass man ihr dafür keine Peinlichkeits-Punkte abziehen muss.
Generell fällt es schwer, Kritik zu üben am Viertling der Songwriterin, für die das Texten ihrer Stücke immer an erster Stelle steht. Im Detail sind keine Schnitzer auszumachen – man muss schon einen Schritt zurücktreten und den Gesamteindruck betrachten. Und auch dann zeigt sich, dass diese "faszinierende Reise" aus elf wunderschönen Etappen besteht: Kapitänin Mena umschifft die Sandbänke der Belanglosigkeit in großen Bögen.
Ein vereinnahmender Wellengang ist der Unternehmung ebenfalls nicht abzusprechen, die Wasser, die sie befährt, sind ungleich tiefer als die so mancher Genre-Kollegen. Bleibt als einziger Rotstift-Eintrag im Logbuch: Neuland entdeckt und betritt sie auf dieser Reise keines. Eine Aufnahme in die Musik-Geschichtsbücher bleibt ihr verwehrt.
Das wiederum scheint ihr aber herzlich egal zu sein, denn obschon sie inzwischen seit Längerem auf der Bühne und damit im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht, lässt sie sich in ihrem Schaffen nicht beirren: "Was wirklich zählt, ist, was meine Familie und meine Freunde davon halten." Ach so, na dann. Derlei Aussagen sind jenen von Millionären ähnlich, die behaupten, was wirklich zähle im Leben, das sei doch das Zwischenmenschliche. Es ist, wie immer im Leben, eine Frage des Standpunkts. Dennoch wird "Cause And Effect" zu Recht einen bedeutend größeren Freundeskreis finden als den Mena-Familienklan.
3 Kommentare
Ganz klar eine der besten Pop-Alben der letzten Jahre. Vor allem die Songs "All This Time", "Where Were You" und das geniale Cover des KISS-Klassikers "I was made for lovin' you" haben es mir angetan.
Mena's Stimme wirkt viel ausgereifter als auf ihren vorigen Alben, als Songwriterin macht sie auch eine gute Figur. Mehr davon!
Gute Review und ein sehr schönes, gefühlvolles Album.
So ähnlich könnte auch Björk klingen, damit sie mir wirklich gefallen könnte.
Stimmlich ist sie tatsächlich reifer und variabler geworden, sie kann über etliche Strecken diesen kleinmädchenhaften Touch zwar auch weiterhin nicht verleugnen, aber er wirkt auf diesem Album zurückgenommener und punktuell sparsam eingesetzt einfach schnuckelig.
Für mich geht die Wertung klar in Richtung ****, zu verzaubernd ist das Album in seiner gesamten Länge, als daß ich es bei weniger belassen könnte.
Ja, eine schöne Rezension. Bleibt nur die Frage offen, warum 3 statt 4 Punkte ausgewählt wurden, da ich aus dem Text eher Zweiteres ableiten würde.
Egal, für mich ist dieses Album eines der besten, die in den letzten Jahren in den Genres, die ich höre, erschienen sind. Auch Jahre später ist es genau so faszinierend wie damals.