Neues Glas - " Aus Alten Scherben"

Schon mal was von Ton Steine Scherben gehört? Diese Band war die erste deutschsprachige Rockband und rief unter anderem Anfang der 70er zu spontanen Hausbesetzungen auf. Die Band löste sich 1985 auf und um den Schuldenberg zu bewältigen, musizierte der ehemalige Frontmann Rio Reiser fortan solo und erhielt für "König von Deutschland" sogar goldene Schallplatten.

Rio starb 1996 und nun haben sich ehemalige Scherbenmitglieder zusammengefunden, um die alten Songs neu einzuspielen. Dummerweise fehlen in der Besetzung der Ex-Gitarrist Lanrue und natürlich Rio selber. "Rio ist tot, aber seine Lieder leben weiter", so steht es auf der Homepage der Band. Stimmt, doch leider fehlt seine charismatische Stimme, die Scherbensongs so unvergleichlich machten. Noch dazu ist der neue Sänger Michael Kiessling nur ein kläglicher Ersatz.

Beim ersten Anhören der CD dachte ich, dass diese Stimme wohl einem Menschen gehört, der sein Dasein in einer schmierigen Hafenkneipe fristet. Zumindest hört man sehr deutlich, dass durch diese Kehle schon einige Fässer Whisky gelaufen sein müssen, inklusive Berge von Schwarzen Krauser. Zudem fehlt jegliche Tiefe, so dass man nicht mal von einer anständigen "Rockröhre" sprechen kann. Hätte man stattdessen einen jungen, knackigen Sänger engagiert, wäre das wohl eher in Rios Sinn gewesen. Auf der CD sind nur die ruhigeren Scherbensongs zu hören. Klassiker wie "Keine Macht für niemand" oder "Ich will nicht werden, was mein Alter ist", vermisst man gänzlich.

Somit kann man sich den Konzertbesuch von Neues Glas eigentlich sparen, alte Scherbenfans tun besser daran, bei einer Flasche Wein die alten Platten wieder aufzulegen. Ansonsten wird man auf den Konzerten wohl Alt68er und junge schwäbische Hobbyrevoluzzer treffen. Wie sagt ein altes Sprichwort: "Wenn ein Buch zu Ende gelesen ist, schließe es". Vielleicht hätten die Bandmitglieder sich diesen Spruch zu Herzen nehmen müssen.