laut.de-Kritik
Keine Frage, wir befinden uns auf internationalem Pop-Niveau.
Review von Eberhard Dobler"Ich liebe die Mädels und bin sehr stolz, in der Gruppe sein zu dürfen", bedankt sich Sandy im CD-Heft. Stopp! Hier lesen wir das Schlüsselwort "Gruppe". Hobby-Psychologe Dobler diagnostiziert: Dieses Wort ist bei großen Brüdern und kleinen Camperinnen sehr beliebt. Die Story des gecasteten Dance-Pop-Fünfers No Angels lässt sich zwar nur am Rande mit den Reality-Shows im TV vergleichen. Gleichwohl inhalieren die Akteure den selben Zeitgeist.
Was sollte sonst an den fünf schicken Mädels, die uns mit chart-kompatiblen Teenie-Pop à la Spice Girls und Britney Spears um die Ohren tanzen, dran sein? "Chart-Tauglichkeit" ist gelinde gesagt untertrieben. Denn die Damen brechen derzeit alle Verkaufs-Rekorde. Vier Produzenten haben den No Angels ein musikalisch leicht verdauliches Dance-Love-Star-Nest gebaut. Keine Frage, wir befinden uns auf internationalem Pop-Niveau. Der Euro-Dance-Track "Rivers Of Joy" beweist es.
Ansonsten sind die dreizehn Songs auf den Markt abgestimmt. Ein großes bisschen Spicy (das ganze Band-Konzept), ein bisschen Britney ("Be My Man (The Plan)"), ein kleines bisschen R'n'B ("Couldn't Care Less") und sogar Gitarren-Pop/Rock ("Send Me Flowers"). Bei "Cold As Ice" stand softer Elektro-Pop Pate. Während man manchen Kompositionen eine gewisse professionelle Klasse nicht absprechen kann, ist das Lach-Potential der Texte kaum zu toppen. Nur der inflationäre Gebrauch des Themas "Liebe" kann zu solchem Schwachsinn wie "Promises Can Wait" führen. Abgehen dürfen Nadja, Jessica, Sandy, Lucy und Vanessa dann bei "Go Ahead And Take It", wenn sie uns dumpfe Konsumenten aufrütteln, und skandieren: "Don't dream your life but live your dreams" und jetzt alle: "Stand up and fight"!
Ein wichtiger Punkt bleibt die Genese der No Angels. Eine genialere Promo-Idee als die TV-Serie Popstars - die Geburtsstätte der Girl-Band - hätte es nicht geben können. Die No Angels gehören uns mehr als jede andere Band. Denn wir waren dabei. Vom Zeugungsakt bis zum großen Wurf. Vor dem ersten Auftritt haben wir mit gefiebert, als ginge es um unsere eigene Karriere. Und so kaufen wir jetzt auch fleißig die Platte. Aber Mädels, nicht vergessen! Zum "Reality"-Beweis immer wieder mal vor laufenden Kameras a capella singen. Dann liebe ich euch auch.
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