laut.de-Kritik
Neueinspielung zum 30. Geburtstag des Klassikers.
Review von Joachim GaugerSchon seit etlichen Jahren wollte Mike Oldfield "Tubular Bells" neu einspielen, nun endlich sind alle vertraglichen Verpflichtungen aus dem Weg geräumt, die ihn daran hinderten. Immerhin ein verständlicher Wunsch: nie wieder hat Oldfield derart die Musik-Welt bewegt wie mit diesem Album von 1973, das sich insgesamt 16 Millionen mal verkaufte, und ohne das es Ambient, Trance und New Age so nicht geben würde.
Bereits Anfang der 70er begann Oldfield mit den Vorbereitungen für seinen weltberühmten Alleingang. Nach drei Jahren intensiver Arbeit an "Tubular Bells" präsentiert er im Mai 1973 ein imposantes Werk, das aus mehr als 2300 (!) Overdubs besteht. Viele Labels halten das für übertrieben, zu anspruchsvoll und schwer verkäuflich! Nur Virgin kann sich damit anfreunden, und veröffentlicht damit das bis heute erfolgreichste Album der Firmengeschichte.
Anfang der 90er gelingt es Mike Oldfield, sein Markenzeichen wieder zu beleben und an den frühen Erfolg anzuknüpfen. Die von Trevor Horn (Frankie Goes To Hollywood) co-produzierte "Tubular Bells II" findet zurück zu orchestralen Klangstrukturen, die Oldfield auch live wieder mit voller Wucht darstellt und immerhin noch etwa drei Millionen Abnehmer fand. Dagegen war den Nachfolgern "Tubular Bells III" (1998) und "The Millennium Bell" (1999) kein nennenswerter Erfolg mehr beschieden.
Nun also quasi zum 30. Geburtstag des Werkes und zum 50. seines Schöpfers (am 15. Juni 2003) die Neu-Einspielung des Originals "Tubular Bells". Gleich bei den ersten Takten der "Introduction", dem Leitmotiv aus Friedkins Klassiker "Der Exorzist" stechen neue Klänge ins Ohr; ein a-rythmisches Orgelthema beispielsweise, das den hypnotischen Kreislauf der Melodien konterkariert, ist auf der Original-LP nicht (mehr?) zu hören.
Im Großen und Ganzen ist Oldfield aber der Original-Komposition treu geblieben; neu an "Tubular Bells 2003" ist, abgesehen von John Cleeses doch sehr ironisch klingenden Instrumentenankündigungen vor allem der Klang. Dabei sind es erstaunlicherweise weniger Keyboardflächen oder Glockentöne, denen man einen Zeitsprung anhört, sondern die Saiteninstrumente. Das fällt schon auf, wenn im Titelthema erstmals ungeheuer druckvoll und trocken der Basslauf einbricht und setzt sich in den krachenden Gitarrenriffs von "Basses" fort.
Da verdient sogar das früher eher harmlose "Thrash" plötzlich seinen Namen. Und wenn man es auch bedauern mag, das manche Unebenheit des Klassikers geglättet scheint, muss man doch in dieser Neuauflage von "Tubular Bells" nicht nur Beutelschneiderei vermuten.
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