laut.de-Kritik
Schmachtvolles Gefühlskíno.
Review von Alexander CordasDa schaut sie uns nun an, die gute Nerina. Mit Rehaugen scheint sie sich wie Bolle zu freuen, dass es endlich doch noch etwas wurde mit ihrer zweiten Scheibe. Ihr erster Versuch beim Major Universal wurde in gegenseitigem Einvernehmen in den Sand gesetzt.
Es wäre aber auch zu schade gewesen, hätte Nerina sich nicht doch noch durchgerungen, einen erneuten Anlauf zu nehmen, um der Welt ihre Musik näher zu bringen. Frau Pallot hisst in jenen Wässerchen ihr Segel, in denen Heather Nova und Tori Amos seit Jahren unter Volldampf fahren. Will heißen: Sie vertont feinste Popmelodien.
Nerina riskiert dabei einen Spagat zwischen gefälligen und massenkompatiblen Klängen einerseits sowie anspruchsvollen Texten und emotionaler Tiefe andererseits. Meist gelingt ihr der auch souverän, nur ab und an driftet sie in etwas seichtere Poprock-Gefilde ab, was man ihr aber gerne verzeiht.
Auf Albumlänge klappt das mit dem Spagat zwischen einfühlsamen Songwriter-Akzenten und gefälligen Pop gut. Ihr Material taugt hervorragend zum nebenbei hören, bietet aber zugleich auch genügend Tiefe, um Neugier zu wecken, sich einmal näher mit ihr zu befassen.
Die starken Momente des Albums kommen vor allem dann zum Tragen, wenn der Begleit-Tross der Instrumente dezent schweigt und der Hauptdarstellerin großzügig Raum gewährt. Das wunderschöne "Mr. King", in dem sie ihrem Mentor huldigt, zaubert quasi aus dem nichts eine platonische Liebeserklärung der feinen Art aufs Tapet. "Sophia" zielt in eine ähnliche Richtung. Lediglich eine dezente Piano-Begleitung tragen Nerinas zerbrechlich wirkenden Gesang.
Demgegenüber steht manch banaler Li La Laune-Gesang, der nach dem dritten Umlauf anfängt, zu nerven. "All Good People" fällt in diese Kategorie; gut, dass dieser Sorte Songs nicht allzu viel Raum auf dem zweiten Album der Engländerin einnimmt. "Nickinda" läutet den Abschluss eines beachtenswerten Albums ein. Nerina Pallot kann immer dann glänzen, wenn sie Gelegenheit hat, schmachtvolles Gefühlskino in Tönen umzusetzen.