laut.de-Kritik

Versuche, die "Meds" abzusetzen, schlagen fehl.

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Im besten Fall ist ein Album wie ein Mixtape oder ein DJ-Set aufgebaut, bei dem nur Titel einer Band vorkommen. Vielleicht auch wie ein Clubabend, falls sich die Musik dazu eignet und die Musiker vielseitig genug sind. Sanfte Übergänge, die Stimmung aufbauen, sie zuerst konservieren und dann zu etwas neuem führen. Ab und an ein Schnitt nach einem langsamen Track, Rock kehrt zurück, weckt noch einmal die schlummernden Tanzgeister.

"Meds", das neue Placebo-Album ist so. Die Anordnung der Tracks macht Sinn, fängt den Hörer ein, schleudert ihn in den verschwommen Traum einer düsteren Partynacht, in der die Katerstimmung schon unterschwellig mitschwingt. Man fühlt sich wie ein Besucher, der zwischen Räumen mit Musik verschiedener Akzentuierung aber gleicher Grundfarbe wechselt. "Meds" zieht uns mitten in die Nacht hinein. Erinnerungen an "Every Me Every You" kommen in der Strophe auf. "Infra-Red" und "Drag" rocken routiniert weiter, kreieren einen Sog, der sich eigendynamisch fort setzt. Versuche, die "Meds" abzusetzen, schlagen fehl.

Mit "Space Monkey" beginnt die Nacht zu fiebern, der Hörer hat sich längst angesteckt, findet sich mitten im Geschehen wieder. Ausgefranste Fuzz-Gitarren, dazu leise Elektro-Klänge, Musik, die jede Leere sofort ausfüllt. Eines der besten Stücke, das den Übergang in einen kleineren Raum mit Schummerlicht und Sofas markiert. Die Reflexionen der Discokugel schwirren mit wechselnden Farben an der Wand entlang.

"Because I Want You" rüttelt wieder wach, Gedanken verlieren sich, werden abgelegt. "Don't give up on the dream/Don't give up on the wanting", singt Molko. Auf keinen Fall, es geht weiter. "Blind" klingt nach langsamem Morgengrauen, das niemanden recht kümmert. Sehnsucht und Verlangen heißen die Drinks, die dazu gereicht werden. Eine Stimmung, die in gediegene Traurigkeit umschwenkt. Pierrot der Clown nimmt für einen Moment die leer gefegte Tanzfläche ein, fast regungslos verkörpert er Tragik, Melancholie, Sanftmut.

Ein letztes Aufbäumen mit "One Of A Kind", verdrängt den Kloß im Hals. Eine Strophe, die Spannung aufbaut, dann entlädt sich die gesamte Rest-Energie ein letztes Mal in ein fast endloses Gitarrenmeer. "In the cold light of morning, while everyone's yawning, you're high", so beginnt das Ende. Ein letztes Versinken, dann kommt der Kopfschmerz. Hoffentlich ist der "Song To Say Goodbye" nur für den Abschied dieses Mal gemeint, denn diesem wirklich intensiven Album könnten getrost noch einige folgen.

Trackliste

  1. 1. Meds
  2. 2. Infra-Red
  3. 3. Drag
  4. 4. Space Monkey
  5. 5. Follow The Cops Back Home
  6. 6. Post Blue
  7. 7. Because I Want You
  8. 8. Blind
  9. 9. Pierrot The Clown
  10. 10. Broken Promise
  11. 11. One Of A Kind
  12. 12. In The Cold Light Of Morning
  13. 13. Song To Say Goodbye

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