laut.de-Kritik
Erinnert gelegentlich sogar an Modern Talking-Sünden.
Review von Joachim GaugerIhr Debüt "Melody AM" hatte noch keiner auf der Rechnung. Mit ihrer zweiten Scheibe "The Understanding" übertreffen die Norweger alle Erwartungen, die sich seitdem gebildet haben dürften - oder enttäuschen sie, je nach Geschmack. Jedenfalls bringen sie es fertig, sich zwischen so ziemlich alle Stühle zu setzen.
Mit dem luftigen Sound der ersten zwei Tracks etablieren Röyksopp sich zunächst als die skandinavischen Air, meist gehen sie aber in eine poppigere Richtung. Und zwar in eine synthie-poppige, deren Klangbilder teilweise direkt den unseligen 80er Jahren entsprungen zu sein scheinen.
Immerhin haben Röyksopp mit "Triumphant" den richtigen Opener gewählt, der eine einfache absteigende Klavierlinie mit großem Ernst in die weite Welt der künstlichen Klänge begleitet. An Stelle von Erlend Øye von den Kings Of Convenience singen auf vorliegendem Album Svein Berge und Torbjorn Brundtland die meisten Vocals selber, mit Karin Dreijer und Kate Havnevik holten sie sich aber auch zwei begabte Newcomerinnen mit eigenwilligen Stimmen ans Mikro, die in "Only This Moment" erstmals antreten.
"Sombre Detune" erinnert im gewohnten Electrolounge-Kostüm an das Debüt, die beiden folgenden Tracks lassen aber stark nach: Sowohl die billigen Keyboard-Arrangements von "Follow My Ruin" als auch der Eunuchengesang von "Beautiful Day Without You" erinnern mich entfernt aber schmerzhaft an die schlimmsten Modern Talking-Sünden.
Bei eher schrägen, krachigen Stücken wie "49 Percent" oder "What Else Is There?" weiß man nicht so ganz genau, was die Norweger damit eigentlich wollen. Dagegen werfen andere Titel wie das ereignislose "Dead To The World" oder die verschwurbelte Beethoven-Adaption "Tristesse Globale" nicht einmal mehr Fragen auf, sondern sind einfach nur langweilig.
Zwischendurch laufen die zwei dann aber doch wieder zu großer Form auf; mit Stücken wie "Circuit Breaker" oder "Alpha Male" bannen sie sogar die schweißtreibende Intensität auf Platte, die sie bislang vor allem live auszeichnete. Das geht natürlich wiederum auf Kosten des 'Sofa-Faktors', so verfestigt sich der Eindruck einer gewissen Orientierungslosigkeit. Zu der bekennen sich Röyksopp immerhin, sie tragen sie gewissermaßen mit einem Augenzwinkern vor, und das sagt: Wir wollen doch nur spielen!
2 Kommentare
So schlecht muss man das Album nicht machen. Gerade "Only this Moment" oder "What else is there" sind einfach großartige Songs. Sicher keine absoluten Kunstwerke musikalisch, aber definitiv ganz weit oben in meinen persönlichen All-Time-Favorite-Charts.
Aber Reviews sind ja immer eine Art eigene Meinung, und wenn ich sehe, wie toll ihr andere Scheiben platt macht (z.B. Amy McDonald) bin ich ja froh, dass es mit 3/5 noch relativ gut ausgegangen ist
Ich verstehe das nicht, es wird überwiegend schlecht über "The Understanding" gesprochen. Vielleicht liegt es daran, dass das Album mein erstes Röyksopp Album - vor "Melody A.M." - war und ich es deshalb so gerne höre, aber Soundmäßig ist das Album großartig. Ich habe hingegen Ewigkeiten gebraucht, Melody A.M. zu mögen (mittlwerweile liebe ich es). Ich finde den "poplastigen", schnelleren Stil von Röyksopp besser, denn so gut das erste Album auch ist, es ist zu ruhig und Lieder wie "Sparks" und vor allem "She's So" langweilen schnell. Zudem sind die Gastsängerinnen klasse und gerade die Zusammenarbeit mit Karin, die auch bei "junior" Früchte trägt, ist mehr als gelungen. Aber wie wir alle wissen: Geschmäcker sind verschieden.