laut.de-Kritik
Russlands Superstar lehrt deutsche Rapper das Fürchten.
Review von Dani FrommWenn der Platte das Bestechungsgeld gleich beiliegt, fällt es schon etwas schwerer, die Veröffentlichung unerwähnt unter den Tisch fallen zu lassen. Auch wenn das Bakshish in Höhe von zehn Rubel nicht gerade üppig ausfällt, ist die Geste angekommen: Hier hat einer sein Handwerk im angeblich korruptesten Musikgeschäft der Welt erlernt.
Recht erfolgreich, wie es scheint: In seiner Heimat gilt Seryoga als absoluter Superstar. In Russland, Weißrussland und der Ukraine verzeichnet er Top-Hits. Sich als "Russia's No. 1" zu titulieren, fußt also nicht ausschließlich im Rap-typischen Größenwahn. Als erste Station auf dem Weg zur Machtübernahme hat sich der boxende Kangol-Kappenträger Deutschland ausgekuckt.
Hier fand sich in Azad ein überaus passender Featurepartner. Die beiden ähneln sich in ihrer kompromisslosen Art, eine Zeile hart in den Arsch der vorangehenden zu rammen. Deutsch oder Russisch interessiert dabei keine Sau, die Sprachbarriere wird schon von den düsteren Streichern planiert, die Produzent Gilmano unter die Verbalergüsse der beiden Herren schiebt. Die wuchtige Ost- West-Kollabo "2Kaiser": Eine beeindruckende erste Runde in Seryogas Titelkampf gegen den Rest der Welt.
"Russia's No. 1" erweist sich als nicht von schlechten Eltern. Der Berliner Produzent sorgt nicht zum ersten Mal für die musikalische Rückendeckung des Russian Jigga. Dunkel geht es zu in den Klauen Gilmanos. Osteuropäische und orientalische Klänge finden Eingang in seinen Beatkosmos. Melancholie wird groß geschrieben, Melodien ebenso. So besticht beispielsweise "Mr. Perfect" mit knackigem Rhythmus, der die ansonsten eher getragene Stimmung aufpoliert: Hübsch!
"Old Schooler" verblüfft gar mit einer superfunky Bassline. Prince-artiger Gesang kontrastiert hier Seryogas finsteren Flow. Das Resultat gestaltet sich witzig und zudem überaus tanzbar. Ebenso Dancefloor-tauglich: "Mo Beat", das schwungvoll, rhythmisch akzentuiert und insgesamt fast verspielt daher kommt. Darüber rappt Seryoga in einer Weise amtlich, dass Punkt und Komma gerne zu Hause bleiben dürfen.
Stellenweise wirkt Seryogas Performance ein wenig eintönig. Ich bin gewillt, dies in weiten Teilen meinen rudimentären Kenntnissen des Russischen zuzuschreiben, die mir eine Analyse seiner Storyteller-Qualitäten verbieten. Wovon mir allerdings definitiv eine Portion zu viel eingestreut wird, ist süßlicher Frauengesang. In einer Dosierung wie in "Disco Malaria" und "Gangsta No More", die ungeschickter Weise auch noch direkt aufeinander folgen, wäre dieser nicht notwendig gewesen, um den Russian Boy, der entschlossen und keine Spur zögerlich sein Ding durchzieht, fit für den Club zu machen.
Russlands Hip Hop steckt noch in den Kinderschuhen, so Seryogas persönliche Einschätzung. Donnerwetter. Sollten das die Kinderschuhe sein, rate ich, vor den ausgewachsenen Tretern bereits jetzt in Deckung zu gehen.
4 Kommentare
ein sehr gelungenes album. obwohl ich eigentlich kein großer russen-hip-hop-fan bin, war ich dennoch ganz schön beeindruckt...zumindest davon, dass er die meisten guten tracks von seinen alten alben gut auf ne greatest hits platte packte und mit ein paar neuen tracks und nem azad feature, dass alles glaubhaft als neu verkaufte. nun ja, es hat funktioniert und vorwerfen kann ichs ihm auch nicht, das resultat ist und war auch schon auf den vorigen alben gut.
Du nervst.
@The|SquaLL (« Du nervst. »):
halts maul, von dir weiß ich, dass du das album bestimmt NICHT verstanden hast.
@JellyFi5h (« @The|SquaLL (« Du nervst. »):
halts maul, von dir weiß ich, dass du das album bestimmt NICHT verstanden hast. »):
Du nervst, und nein, ich kann kein russisch.