laut.de-Kritik
Ein DJ-Mix wie guter Sex.
Review von Daniel StraubMehr als sechs Jahre stand Ivan Smagghe im Pariser Rough Trade Shop hinter der Theke, orderte kartonweise Vinyls und durchforstete für seine Kunden den Veröffentlichungsdschungel nach Schmückstücken, die, zur richtigen Zeit aufgelegt, den Himmel ein wenig näher erscheinen lassen. Als Volga Select überzeugte er jüngst an der Seite von Marc Collin mit eigenen Produktionen.
Dass er auch bestens mit Plattenspielern und Mischpult umgehen kann, steht nach dem atmosphärischen Mix auf "Ivan Smagghe Presents Death Disco" außer Frage. Smagghe spielt hier die Qualitäten des ehemaligen Plattendealers voll aus und fördert für seine erste Mix-CD Tracks zu Tage, die den wahren Connaisseur auszeichnen und vom schlichten Plattenkäufer unterscheiden.
Nicht der große Wums treibt einen hier auf den Dancefloor. Vielmehr sind es minimale Midtempo-Housetracks mit melancholischem Unterton, die dem Pariser Radio-DJ, Labelbetreiber und Partyorganisator aus der Seele sprechen. Smagghe setzt sein Set überaus subtil an, er braucht kein BPM-Brett, um die Tanzfläche zu rocken.
Was bei Smagghe auf den Plattentellern landet, funktioniert im doppelten Sinne: einerseits als Song, der mit Melodie auf Wiedererkennung setzt, und andererseits immer auch als Track, dessen Fokus auf dem Rhythmus liegt. Das kann genauso Paul Rutherfords Acid House-Nummer "Get Real" aus dem Jahr 1988 sein, wie Kikis Wave-House-Track "Luv Sick", das 2002 auf Ellen Alliens BPitch Control Label veröffentlicht wurde.
Mit "Presents Death Disco" gewährt Ivan Smagghe einen sehr persönlichen Einblick in seinen Plattenkoffer und zeigt, dass ein sehr gutes DJ-Set in erster Linie von der knisternden Atmosphäre lebt, vom spannungsvollen Auf und Ab der Stimmungen.
Das war auch die ursprüngliche Idee der Housepioniere, die sich ihren Sound als Musik gewordenen Sex dachten.
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