laut.de-Kritik
Das Verbrechervolk zeigt Tomekk die G-Funk-Faust.
Review von Stefan JohannesbergDie Zeiten ändern sich. Anfang der Neunziger waren Verbrecher im Rapgame zumeist als Ghetto-Gangbanger unterwegs. Heute geben sich die selbsternannten Gangsta Ice Cube, Mack 10 und WC aka Westside Connection zeitgemäß als "terroristische Bedrohung", die bereits im dramatisch bösen Intro die Weltherrschaft übernehmen möchte. Danach fliegen die Kugeln auch weiterhin tief, und der Befehl lautet richtig: "Call 9-1-1", denn das Trio wartet auf "Potential Victims".
Eigentlich hielten nicht nur Rapper wie Deep Mobbster Prodigy das Gangsta-Genre nach dem Ende von N.W.A. für tot. Alles, was danach illegale Styles am Mic kickte, war langweilige Kopie oder sah seine Roots wie der Mobb eher im Reality Rap. Doch nach dem Erfolg von 50 Cent wollen die Erfinder des Gangsta-Funks ihre Vormachtstellung zurück.
Zirpende Streicher, düstere Piano-Loops und pumpende Beats kreieren einen straighten G-Funk-Sound, der zwar Dr. Dre schamlos kopiert, aber heftig nach vorne ballert. Kreativität versprühen jedoch nur die Produzenten Big Tank und Sir Jinx. Tank macht den Titeltrack zu einem minimalistisch zerstückelten Westküsten-Monster, während Jinx für "Bangin' At The Party" einen tonnenschweren Synthie-Truck zusammen schraubt. Gangsta Rap at its best.
Apropos 'Gangsta Rap': Bei der Westside Connection ist nichts zu spüren von Tomekk'scher "Tu mir einen Gefallen und bleib Gangster. Das heißt, mach genau das, was du denkst, klar"-Poserei. Cube, Mack und WC überraschen mit textlicher Weiterentwicklung. Aus "Fuck The Police" wird "Pimp The System". "Never Pimps a hoe, I pimp a CEO", rappt Ice Cube im Angriff aufs Musikbusiness. Löblich auch die Kritik an den "Superstars", die mit ellenlangen Vorstrafenregistern angeben. Nicht: Jail sells! Sondern: Jail sucks! Echte Player sind eben nicht zu fassen.
Aber handelt es sich bei dem Trio um reale Jungs. Die können sich ein paar pseudo-harte Ansagen nicht verkneifen. Auf "Gangsta Nation" machen sie sich billig über das Aussehen von Outkast-Rapper Andre 3000 lustig, und in "So Many Rappers In Love" droppt Mack 10 droppt ein paar üble, sexistische Reime, die seiner TLC-Ehefrau T-Boyz wohl gar nicht gefallen dürften. Da drängt sich der Gedanke auf, dass sich 'Macker Zehn' ein verkaufsförderndes Image aus der eigenen Tasche lügt.
Ice Cube greift im selben Track die ganzen Pop-R'n'B-Rapper an, die bereits Ice-T (1993) und der RZA (1997) verbal attackierten. Er stellt klar: "I gave LL Cool J his Props but that's were it stops". Aber belügt sich auch Cube nicht selbst? Immerhin gurkt er im P. Diddy-Video "Bad Boy For Life" herum, und Puffy gilt ja nun als Aushängeschild dieses Styles. Nicht nur der RZA tanzte sich zu P. Diddys "I Need Girl" die Füße wund. Und mit dem hat Ice zufälligerweise gerade einen Track aufgenommen. So bleibt es leider 'nur' bei den richtigen Ansätzen.
Noch keine Kommentare