Zum 16. Mal vergibt die Deutsche Phono-Akademie am Sonntag in Berlin den Deutschen Musikpreis "Echo". Eine Vorschau.

Berlin (rai) - Im Palais am Funkturm, draußen auf dem alten Westberliner Messegelände, findet am Sonntag Abend die Verleihung des "Echos" statt, eines Preises der deutschen Musikindustrie von dem die Veranstalter nicht müde werden zu behaupten er sei einer der wichtigsten der Welt. Dass die Welt das genauso sieht, darf getrost bezweifelt werden.

Allerdings gilt die Verleihungszeremonie unter Kennern tatsächlich als eine der weltweit führenden in Punkto Provinzialität und Langeweile. Der Fernsehsender RTL, sonst in Sachen Peinlichkeitszurschaustellung eher unerschrocken, sendet die Preisverleihung daher lieber zeitversetzt, um allfällige Langatmigkeiten noch rechtzeitig herausschneiden zu können.

Dennoch verspricht die Awardshow erneut großartige Abendunterhaltung für passionierte Fremdschämer: Es moderieren Oliver Geißen und Yvonne Catterfeld, zu den Laudatoren gehören Dr. Wladimir Klitschko, Thomas Gottschalk, Mieze, DJ Ötzi und OB Wowi. Live gilt es Take That, Jennifer Lopez und Simply Red auszuhalten. Tokio Hotel sind auch dabei. Die guten Momente werden, so Gott will, Barbara Schöneberger, Piet Klocke und Michael Mittermeier bereiten. Vielleicht auch Bushido, Fler und Sido - wenn sie aufeinandertreffen.

Die verbliebenen Reste der ihrem Ende entgegenkriselnden deutschen Musikindustrie werden tapfer ihre CD-Verkäufe feiern (für die jüngeren Leser: CDs sind flache, runde Silberscheiben auf denen man früher Musik gespeichert hat. Trotz stattlicher 11,5 cm Durchmesser boten diese "Compact Discs" nur Platz für etwa 10-15 Songs. Zum Anhören der gespeicherten Musik benötigte man ein Zusatzgerät, den sog. "CD-Player"). Gewinnen werden die üblichen Julimonds und Ralph Siegel. Die internationalen Preisträger bedanken sich artig per Videobotschaft für den total wichtigen Award.

Ein beliebtes und probates Mittel, um wenigstens ein paar internationalen Altstars den beschwerlichen Weg im VIP-Polo (wegen Klima und so) schmackhaft zu machen, sind sogenannte Sonderpreise in mehr oder weniger phantasievollen, dem designierten Preisträger auf den Leib gezimmerten Kategorien. Also zum Beispiel: "Sonderpreis für globales Engagement" an Bono. Klar. "Sonderpreis für das Lebenswerk als Musiker und Botschafter zwischen den Kulturen" an Yusuf Islam. Schon origineller.

Und sogleich versucht sich das People-Magazin "Der Spiegel" in Skandalisierung, buddelt alte Ungeschicklichkeiten des Mannes der früher Cat Stevens war aus, bezichtigt ihn nur leicht verbrämt des radikalen Islamismus und dichtet der Musikbranche ob der Ehrung eine "erhebliche Misstimmung" an, gestützt auf Aussagen "hochrangiger Plattenmanager", die freilich ungenannt bleiben möchten. Es bleibt ein laues Lüftchen im Prosecco-Glas.

Sicher ist: die Echo-Verleihung wird sich tadellos einreihen in die fabelhaften Veranstaltungen, die das Palais am Funkturm bereits beherbergen durfte. Dort stehen sonst glanzvolle Großevents wie der "50. Ball der Gartenfreunde" oder der "Ball der Tanzschule Dieter Keller" auf dem Programm. Das glamouröseste am Palais ist zweifellos sein Name. Nicht einmal das kann man vom Echo behaupten.

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