Gestern trafen sich der deutsche und der französische Außenminister, um über Integration zu sprechen - und zu singen. "Integration durch Musik" lautet die Zauberformel. Doch taugt ihr Songschreiber Muhabbet als Vorbild?

Berlin (juk) - Eigentlich sollte der Ausflug von Frank-Walter Steinmeier und seinem Außenminister-Kollegen Bernard Kouchner gestern ins Neuköllner Plake Music Studio das achte deutsch-französische Ministerratstreffen mediengerecht auflockern. Doch gegen ihr Beispiel für eine gelungene Integration, Sänger Muhabbet, werden nun Extremismusvorwürfe laut.

Esther Schapira, Redakteurin beim Hessischem Rundfunk und Regisseurin des Dokumentarfilms "Der Tag, an dem Theo Van Gogh ermordet wurde", erhebt im heutigen ARD-Nachtmagazin schwere Vorwürfe gegen den 23-Jährigen.

Nach der Preisverleihung für ihren Film über die Ermordung des niederländischen Islamkritikers und Filmemachers Theo Van Gogh durch Extremisten, habe Muhabbet zu ihr gesagt: "Van Gogh habe Glück gehabt, er hätte ihn zuvor in einen Keller sperren und foltern wollen. Er habe Glück gehabt, dass er so schnell gestorben sei."

Muhabbet widerspricht den Vorwürfen entschieden und sagt der ARD: "Ich weise jede Art von Anschuldigung zurück, dass ich irgendeinen Mordaufruf verherrlichen würde." In seinem "Deutschland"-Song, dem die Außenminister ihre Stimme liehen, heißt es: "Dein Urteil ist nicht wahr. Vergiss doch mal das schwarze Schaf. Deutschland, warum verschließt du dich?"

Der deutsch-türkische Sänger ist Star des Berliner Labels Plake Music, das zuletzt den Eurovision Song Contest für die Türkei gewann. "R'nBesk" nennt er seine Musik, eine Mischung aus Rhythm and Blues und orientalischer Arabesk-Musik, die auch den Song mit politischer Starbesetzung prägt.

Im Partnerlook - die oberen Knöpfe des blauen Hemds leger offen und auf den Lippen ein Kameralächeln - standen die beiden Chefdiplomaten umringt von Presseleuten und sangen unter Anleitung von Muhabbet: "Deutschland / Deutschland / Frankreich / Frankreich." Die Diskussion um Muhabbets Einstellung zum Extremismus dürfte Steinmeier und Kouchner aber das Lächeln gefrieren lassen.

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laut.de-Porträt Muhabbet

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38 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    aber als AC vor 15 jahren die klappen aufmachten -
    wo war da genscher...?

  • Vor 17 Jahren

    Muhabbet ist so peinlich, daß ich nie länger als 2 Sekunden an ihn denken kann. R'n'Besk nennt er das also. Ist doch im Prinzip nur modernes R'n'B auf Deutsch, nur mit "isch" statt "ich". Es gibt eine Menge integrierter und vor allem intelligenter Deutschtürken, aber die wenigsten davon werden Muhabbet hören.

  • Vor 17 Jahren

    Kein Anlass für Vorverurteilung, aber diese Vorwürfe müssen unbedingt weiter geprüft werden. Janusköpfe kommen unter den islamistischen Sympathisanten immer wieder vor. Dagegen macht weder das Musterknaben-Image, noch der Ausländerstatus immun. Auch Außenminister sollten das wissen und sich schon gar nicht von ihren Sympathiegefühlen einfach überwältigen lassen.