Porträt

laut.de-Biographie

Joy Division

Drei Jahre nur existierte die britische Band Joy Division mit ihrem an Epilepsie erkrankten Sänger Ian Curtis. Drei Jahre, in denen sie Punkrock hinter sich ließen und mit ihrer eigenen sinistren Ästhetik zu einer der einflussreichsten Bands nicht nur der alternativen Musikszene avancierten.

Joy-Division-Buch: "Eine Katastrophe in Zeitlupe"
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Jon Savage ordnet Interviews aller Beteiligten zu einer Story über die Post-Punk-Visionäre und deren Sänger Ian Curtis.
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Charakteristisch war das unverwechselbar melancholische, von synthetischen Spuren durchwobene Klanggewand, die von tiefer Emotionalität und großstädtischer Depression geprägten Lyrics von Ian Curtis und ihr zum Charme verfallender Metropolen passendes schlicht und dunkel gehaltenes Outfit. Nach dem Freitod von Sänger Ian Curtis am 18. Mai 1980 erfuhr dieser Status noch eine Steigerung und machte Joy Division endgültig zur Legende.

Los geht es kurz nachdem die Sex Pistols in der verfallenden Industriestadt Manchester am 4. Juni 1976 auftreten, wo sich Bassist Peter Hook und Gitarrist Bernard Sumner treffen und kurzerhand beschließen, eine Band namens Stiff Kittens zu gründen.

Um das Line-Up zu vervollständigen, hängen sie in einem örtlichen Plattenladen Anzeigen aus, woraufhin sich Sänger Ian Curtis und der Schlagzeuger Steve Brotherdale melden und die Band komplettieren. Unter dem neuen Namen Warsaw geben sie als Vorband der Buzzocks und Penetration ihr Livedebüt.

Kurze Zeit später verlässt Brotherdale die Band und Stephen Morris tritt an seine Stelle. Um Verwechslungen mit der Punkband Warsaw Pakt zu vermeiden, erfolgt dann Ende 1977 die erneute Umbenennung in Joy Division - inspiriert vom Buch "The House of Dolls" über Nazi-Konzentrationslager, wo Joy Division die Bezeichnung für Gefangene ist, die sich für die Nazis prostituieren mussten.

Zusammen mit dem schlichten, an der Mode der 30er Jahre orientierten Outfit, das sich Joy Division geben, bleiben Spekulationen über Affinitäten zur Nazi-Ideologie nicht aus, auch wenn sie sich nie erhärten lassen.

Joy Division - Closer
Joy Division Closer
Das erste und beste Gothic-Album der Geschichte.
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Im Juni 1978 erscheint mit der EP "An Ideal For Living" der erste Tonträger von Joy Division, der trotz einiger Punkanleihen, bereits neue Wege beschreitet: Ian Curtis' verzweifelter Gesang, der dröhnende Bass von Peter Hook, die abgehackten Gitarrenriffs von Bernard Sumner, der sich nun Albrecht nennt, und die schlichten Drums von Stephen Morris strahlen eine bisher nicht gekannte ambivalente Emotionalität aus, die anziehend und abstoßend zugleich wirkt.

Das Potenzial der Band bemerkt auch Tony Wilson, Chef des in Manchester ansässigen Labels Factory Records, der die Jungs denn auch unter Vertrag nimmt. Kurz vor Abschluss der Aufnahmen zu ihrem im Juli 1979 erscheinenden ersten Longplayer "Unknown Pleasures", der erstmals auch Synthesizerklänge enthält und damit den Bruch mit Punk offensichtlich macht, lädt sie der englische Radio-DJ John Peel zu einer seiner Sessions nach London ein. Später, am 26. November, ist man wieder bei John Peel. Doch die Popularität der Band hält sich in engen Grenzen.

Bis zum Jahreswechsel machen sich Joy Division als Liveband einen Namen, nicht zuletzt wegen des manischen Tanzstils und der epileptischen Anfälle von Ian Curtis, in deren Folge er des öfteren auf der Bühne zusammenbricht. Nach einer Europatournee im Januar 1980 beginnt die Band mit den Aufnahmen zu ihrem zweiten Album "Closer". Im April veröffentlichen sie ihre vielgelobte "Hit-Single" "Love Will Tear Us Apart"; wiederum ohne kommerziellen Erfolg.

Wenige Tage bevor Joy Division für eine Tour in die USA aufbrechen wollen, erhängt sich Sänger Ian Curtis am 18. Mai bei sich zuhause. Erst kurze Zeit zuvor hatte die Band beschlossen, sich aufzulösen, sollte ein Mitglied die Band verlassen.

Nach dem Tod von Curtis wird "Love Will Tear Us Apart" wiederveröffentlicht und klettert bis auf Platz 13 der britischen Singlecharts. Als die LP "Closer" dann im August 1980 in die Läden kommt, feiert es die Öffentlichkeit als das, was es war und auch heute noch ist: ein Meisterwerk musikalischer Stimmungsmalerei. Ironischerweise schaffte es die zuvor ignorierte Debüt-LP "Unknown Pleasures" im selben Jahr dann ebenfalls in die Charts.

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New Order "Ian war selbst sein größter Feind"
Peter Hook über die aufregende Joy Division-Zeit und das Ende von New Order.

1981, nachdem Peter Hook, Stephen Morris und Bernard Albrecht, der sich wieder in Sumner umbenennt, bereits als New Order weiter Musik machen, erscheint mit "Still" noch eine posthume Joy Division-Platte, die neben Studioaufnahmen auch Livematerial enthält.

In den folgenden Jahren führt Joy Division Tony Wilsons Label Factory Records immer wieder einen Geldsegen zu und macht den Laden zu einer der ersten Adressen für britische Independent-Musik. Mit den Alben "Substance", "Permanent" und "Heart And Soul" erscheinen in der Folgezeit verschiedene Compilations, um nachfolgende Generationen auf die Einzigartigkeit des Joy Division-Sounds aufmerksam zu machen.

Im Spätjahr 2007 kommt mit "Control" eine Verfilmung des Lebens von Ian Curtis in die Kinos, die auf dem Buch "Touching From A Distance" seiner Ehefrau Deborah Curtis beruht. Sam Riley, Teilzeitschauspieler und Frontmann der eher unbekannten Indierock-Band 10.000 Things, übernimmt die Hauptrolle im Filmdebüt des Star-Fotografen Anton Corbijn. Der Holländer setzte Joy Division bereits Ende der 70er Jahre fotografisch in Szene.

Als der Film 2007 in Cannes außerhalb des Wettbewerbs gezeigt wird, reagieren Fachpublikum und Juroren begeistert. Die Leistung des jungen Riley sei "einzigartig" und "herausragend", berichten englische Medien übereinstimmend. Auch Peter Hook zeigt sich mehr als angetan: "Er hat Ians Wesen und seinen Charakter perfekt getroffen. Es war, als würde ich Ian hören. Es jagte mir mehrmals Schauer über den Rücken." "Control" erhielt den Preis als "Bester Europäischer Film".

Ab 2010 ist es für Spätgeborene möglich, zumindest die Songs der Legende einmal live zu erleben. Hook gründet mit Freunden das Ian Curtis-Gedenkprojekt The Light und bringt abwechselnd das Debütalbum "Unknown Pleasures" und "Closer" in voller Länge auf die Bühnen der Welt.

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Joy Division - The Best Of: Album-Cover
  • Leserwertung: 4 Punkt
  • Redaktionswertung: 3 Punkte

2008 The Best Of

Kritik von Daniel Straub

Der Hype ist heiß: Post Punk-Helden unter dem Hammer. (0 Kommentare)

Surftipps

  • Bootlegs

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    http://www.joydiv.org/
  • Zine With No Name

    Kenntnisreicher Artikel mit Buchtipps.

    http://www.zine-with-no-name.de/jd_text.html
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