laut.de-Biographie
Melissa Auf Der Maur
Wer als Tochter der ersten Rock-DJane Montreals und eines anarchistischen Kolumnisten/Politikers das Licht der Welt erblickt ... der muss eigentlich verrückt werden. Oder Rockstar.
Die am 17. März 1972 in Montreal/Kanada geborene Melissa auf der Maur (ihre Familie hat Schweizer Wurzeln, darum der Name) wächst in einer englisch sprechenden Partykommune im französischen Teil Kanadas auf. Zu ihren Freunden gehören Leonard Coens Kinder Adam und Lorca sowie der Singer/Songwriter Rufus Wainwright. Als Kleinkind zieht sie mit ihrer Mutter nach Europa, dann nach Marokko und Kenia. Dort wohnt sie mit einem Freund ihrer Mutter, der dort das Verhalten von Schimpansen erforscht, in einer kleinen Hütte. Als Melissa mit knapp zwei Jahren zum dritten Mal Malaria bekommt gehen sie endgültig zurück nach Kanada.
Mutter auf der Maur tut alles, um ihrer Tochter die Welt des Rock'n'Roll näher zu bringen: Wenn sie Interviews mit Größen wie Zappa macht, zeigt sie Melissa die Fotos, die sie dabei schoss. Die Kleine ist begeistert von dem, was sie zu sehen bekommt. Anstatt daraufhin zu beschließen selber Rockstar zu werden geht sie erst einmal auf die performing arts Schule "F.A.C.E.", die "Hippie-Version der berühmten 'Fame'-Akademie", wie sie es heute nennt. Dort lernt Melissa unter anderem Chorgesang, Klavier und Trompete. Nach einem verrückten Traum, in dem unter anderem die Wüstenrocker Kyuss vorkommen, beschließt sie, Bass zu lernen. Im selben Jahr sieht sie ein Smashing Pumpkins-Konzert in einem kleinen Punkclub in Montreal. Ihr Mitbewohner beginnt einen Streit mit Billy Corgan und Melissa stellt sich als "Schlichterin" dazwischen.
Mit 20 Jahren gründet sie mit ihrem Freund die Band Tinker. Sie haben gerade zehn Songs geschrieben und ein paar Mal vor wenigen Leuten gespielt, da sieht Melissa, dass die Pumpkins wieder in Montreal spielen. Sofort schreibt sie einen Brief an die im Booklet der "Siamese Dream" angegebenen P.O.-Box: "Dear Billy, do you remember me? I finally got my band together. Can we open up for you when you come to Montreal?".
Wie es sich für eine kleine Prinzessin gehört hat es geklappt: Tinker eröffnen das Smashing Pumpkins Konzert in Montreal. Nach der Show soll Billy Corgan zu Melissa gekommen sein und ihr gesagt haben: "You've got it". So far. Melissa studiert im letzten Jahr Fotografie und spielt nebenbei in ihrer Band. Als kurz nach dem großen Gig Billy bei ihr anruft und sie fragt, ob sie in der Band Hole seiner Freundin Courtney Love (deren Bassistin kurz zuvor an einer Überdosis gestorben war) einsteigen wolle, sagt Melissa erst mal nein.
Corgan versucht sie zu überreden, letzten Endes ist es ein Anruf von Miss Love-Cobain persönlich, der Melissa überzeugt: Sie fliegt nach Seattle zu Hole. Nach diesem Besuch lässt die Kanadierin ihre Heimat hinter sich und steigt bei Hole ein, gerade rechtzeitig, um mit auf Tour zum Album "Live Through This" zu gehen. Darauf hin ist Melissa 18 Monate lang on the Road.
Für das folgende Hole-Album "Celebrity Skin" schreiben nicht mehr nur Courtney Love und Gitarrist Eric Erlandson die Songs, bei 10 der 12 Stücke ist Miss auf der Maur am Songwriting beteiligt. Außerdem komponiert sie Songs für das Comeback der New Wave Band The Cars, beteiligt sich an den Aufnahmen zum Album und geht mit der Band auf Tour.
1999, nur ein Jahr nachdem "Celebrity Skin" in den Läden stand, verabschiedet sich Melissa von Hole. Sie will solo weiterkommen. Doch daraus wird nichts: Bassistin D'Arcy steigt bei den Smashing Pumpkins aus, woraufhin Billy sich an seine Freundin Melissa wendet. Sie soll als Ersatz bei der "Machina"-Tour mitspielen. Und so wird sie neue Bassistin der Pumpkins, die sich allerdings ein Jahr später auflösen.
Anschließend läuft sie auf Modenschauen, modelt für Magazincover und widmet sich wieder mehr der Fotografie. Mit Vorliebe schießt sie Selbstportraits, da sie ein "visuelles Tagebuch" führt. Doch von der Musik kommt sie nicht los. Anfang Februar 2002 hat Melissas Black Sabbath-Tribute-Band Hand Of Doom Livepremiere im New York City Club. "Das war das Lustigste, was ich je gemacht habe", schwärmt sie danach im Interview. Daneben hat sie einige Coverversionen für verschiedene Soundtracks aufgenommen. Unter anderem "Should I Stay Or Should I Go" von The Clash, das in Oliver Stones Film "Beyond Borders" erklingen wird.
Zehn Jahre hat sie darauf gewartet. Nun hat sie ihr Soloalbum fertig. Die Liste derer, die ihr dabei unter die Arme greifen, ist lang. Unter anderen greifen ihr James Iha (Ex-Smashing Pumpkins), Josh Homme und Nick Olivieri (beide Ex-Kyuss, Queens Of The Stone Age), Twiggy Ramirez (A Perfect Circle, Ex-Marilyn Manson) unter die Arme, und das sind noch nicht alle! Die Songs hat Melissa während ihrer Zeit vor und bei Hole und den Pumpkins geschrieben. Auf dem Album singt sie, spielt Bass und Gitarre. Die Aufnahmesessions sind selbst finanziert, produzieren hat Chris Goss (u.a. Queens Of The Stone Age). Wirklich stolz ist Melissa, wenn sie das Album vor Publikum vorstellen darf. Ihre erste Solo-Tour bestreitet sie im Vorprogramm von A Perfect Circle.
Nach einer ausgiebigen Tour mit ihrem Debüt werden ihr aber einige Stolpersteine in den Weg zur erfolgreichen Solokarriere gelegt. 2006, als ihr Nachfolger "Out Of Our Minds" fast fertig produziert ist, feuert ihr Label EMI beinahe alle daran beteiligten Mitarbeiter. Beinahe sieht sie sich gänzlich aus dem Musikbusiness wegkatapultiert.
Vom Label im Stich gelassen wendet sich der Unabhängigkeit zu und zeigt unbändige Kreativität. "Out Of Our Minds" entwickelt sich nebst des Albums zu einem bildgewaltigen Multimediaprojekt: Melissa produziert mit Hilfe ihrer Freunde einen Kurzfilm, ein Comicbuch und eine dazugehörige Homepage. Das Album verändert sich dabei von Grund auf. Sechs Jahre nach ihrem Erstling gelingt ihr 2010 schließlich mit "Out Of Our Minds" der verdiente Befreiungsschlag als Solokünstlerin.
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