Porträt

laut.de-Biographie

Ghostface Killah

Mit seinem Klassiker "Supreme Clientele" steigt Ghostface Killah 1999 in die Riege der absoluten Rap-Superstars auf. Nicht, dass das Mitglied des Wu-Tang Clans bis dato unbekannt gewesen wäre ...

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Ganz im Gegenteil. Mit den zwei legendären Wu-Werken "Enter The Wu-Tang" und "Ironman" macht er sich zwischen 1993 und '97 einen Namen in der Hip Hop-Szene. Doch ohne Zweifel steht er in dieser Zeit auch im Schatten seiner Clansmen RZA, Ol'Dirty Bastard und Method Man.

Das ändert sich, als das Wu-Tang-Schlachtschiff 1998/1999 dank halbherziger Scheiben von U-God, Inspectah Deck, Cappadonna und Method Man zu kentern droht. Der selbsternannte Wally Champ erscheint als Licht am Ende des kreativen Wu-Tunnels.

"Supreme Clientele" knüpft mit seiner Geschlossenheit und Tiefe wieder an die '95er Klassiker wie "Liquid Swords" (GZA) oder "Only Built 4 Cuban Linx" (Raekwon) an. So rappt zum Beispiel Freddie Foxxx aus dem Gang Starr-Umfeld: "I save Hip Hop like Ghost saves the Wu." Sein drittes Werk "Bulletproof Wallets" erscheint im November 2001.

Ghostface erblickt als Dennis Coles in den Stapleton Projects von Staten Island, New York das Licht der Welt. Von Kindesbeinen an hat der Diabetiker Gewichtsprobleme, die er später mit Heilpraktiken aus China unter Kontrolle bekommt.

Als Verwandter des RZA nimmt er ab 1994 am Wu-Tang-Abenteuer teil. Wie eigentlich alle Clan-Mitglieder rettet ihn die Rap-Karriere vor einer wahrscheinlich recht kurzen Gangster-Laufbahn. Lange kursiert das Gerücht, Dennis Coles werde von den Cops gesucht. Er trage passend zu seinem Namen Ghostface Killah in den Videos des Clans eine Maske, um nicht erkannt zu werden. In den Jahren 1998 und '99 muss Ghostface jedenfalls wegen eines früheren Raubüberfalls für ein paar Monate hinter Schloss und Riegel.

Seine Rap-Duftmarke fängt mit dem Clan-Debüt "Enter The Wu-Tang" an, wohltuend zu riechen. RZA erteilt ihm die Ehre des ersten Verses auf dem Klassiker: "Ghostface / Catch the blast of a hype verse / My Glock bursts, leave in a hearse / I did worse, I come rough, tough like an elephant tusk / Your head rush, fly like Egyptian musk / Aw shit, Wu-Tang Clan spark the wicks / An' however, I master the trick / Just like Nixon causin' terror / Quick damage your whole era / Hardrocks is locked the fuck up, or found shot, P.L.O. style, hazardous cause I wreck this dangerous, I blow sparks like Waco, Texas."

Auf Raekwons "Only Built 4 Cuban Linx" rappt er mehr als ein Drittel aller Texte und veröffentlicht 1996 als sechstes Clanmitglied mit "Ironman" sein Solodebüt. Ghostface offenbart hier eine einzigartige Mixtur aus harten RZA-Beats, 70er-Jahre-Soul, Filmsamples und seinem schnellen, mit Slangworten gespickten Flow. Er überzeugt im balladesken Duett mit Mary J. Blige in "All That I Got Is You" genauso, wie bei den ungeschliffen, komplexen Beatgerüsten ("Black Jesus", "Daytona 500").

Nachdem der Clan die Weltherrschaft mit "Forever" nur knapp verpasst, bringt Ghost im Zuge der zweiten Wu-Tang-Solowelle Ende 1999 "Supreme Clientele" auf den Markt und holt zusammen mit der neuen Clanscheibe "The W" den Rap-Wanderpokal wieder zurück in heimische Shaolin-Gefilde, nach Staten Island.

Um diese Stellung zu behaupten, schiebt er im Sommer 2001 sein drittes Werk hinterher. "Bulletproof Wallets" produziert in weiten Teilen der RZA, der um Ghosts irrwitzige Flows die perfekte, stimmige Kulisse bastelt. Soul und Funk stecken auch diesmal wieder drin, der schwere R'n'B-Einfluss ist aber auch nicht zu überhören. Das Album treibt Fans und zahlreichen Kritikern Tränen der Begeisterung in die Augen und gilt vollkommen zu Recht als eines der besten Rap-Alben des Jahres.

Bis zum nächsten Solo-Album vergeht allerdings einige Zeit. Erst 2004 steht "The Pretty Toney Album" in den Plattenläden. Der Killah wird vorübergehend eingemottet, Ghostface tritt diesmal ohne seinen Namenszusatz an und schwingt sich (unter anderem in Kollaborationen mit Missy Elliott und Jadakiss) zum Marvin Gaye des Rap auf.

Ebenfalls 2004 veröffentlicht Ghost mit der Theodore Unit, einem von ihm mit ins Leben gerufenen Zusammenschluss einiger seiner Schützlinge, deren Debüt "718". Die Theodore Unit, unter deren Mitgliedern Cappadonna, Trife und Shawn Wiggs zu finden sind, hatte ihren ersten Auftritt allerdings bereits auf "Supreme Clientele".

Ende 2005 scheint Ghostface in einem Anfall von Arbeitswut zu explodieren. Er veröffentlicht gemeinsam mit Trife Da God "Put It On The Line", arbeitet an der Entwicklung einer Ghostface Killah-Actionfigur, am zweiten Album der Theodore Unit und leitet eine Kollabo mit einem Produzenten in die Wege, der längst aus den Schatten des Untergrunds hätte heraustreten müssen.

Als Vorgeschmack auf das geplante gemeinsame Album steuert MF Doom schon mal vier Beats zu "Fishscale" bei, mit dem sich der Killah Anfang April zurückmeldet. Diesmal ohne die produktionstechnische Hilfe des RZA - die hochkarätige Auswahl an Reglerschiebern, die Ghost auf "Fishscale" zur Seite stehen (unter ihnen J Dilla, Just Blaze, Pete Rock und etliche andere) lassen die Abwesenheit von Wu-Tangs Hauptproduzenten allerdings vollkommen vergessen.

Ghostface Killah - Set The Tone (Guns & Roses)
Ghostface Killah Set The Tone (Guns & Roses)
Das Aushängeschild des Clans verliert die meisten Duelle.
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Unersättlichkeit ist Programm, von "Fishscale" waren noch ein paar wirklich gute Tracks übrig: Warum nicht im gleichen Jahr noch einmal nachlegen? Zumal die eigene Crew noch nicht ausreichend gefeaturet wurde. Kurz vor Weihnachten 2006 schiebt Ghostface "More Fish" hinterher. Zwar fehlt dem Nachschlag die technische wie inhaltliche Geschlossenheit des Vorgängers. Strotzend vor Ideen entsteht unter Beteiligung der Theodore Unit, Redmans, Ne-Yos, der wunderbaren Amy Winehouse, Kanye Wests und Produktionen unter anderem von MF Doom, Madlib, Hi-Tek und Phantom of the Beat trotzdem ein abwechslungsreiches, lohnendes Album.

Das angekündigte nächste Wu-Tang-Album wird wieder und wieder verschoben. Immerhin: Im Sommer des Jahres 2007 scheint es in greifbare Nähe zu rücken. Der Clan steht - mit Ausnahme des inzwischen verschiedenen Ol' Dirty Bastard, versteht sich - vollzählig auf der Bühne. Dennoch wird es Dezember, bis "8 Diagrams" tatsächlich erscheint.

Ghostface Killah ärgert sich zwischenzeitlich über Unterstellungen Tony Yayos. Der Knastbruder der G-Unit behauptet in einem Interview, Ghosts Klassiker "Supreme Clientele" sei gar nicht auf seinem eigenen Mist gewachsen, er habe einen Ghostwriter bemüht. "Ich habe 'Supreme Clientele' zu dem gemacht, das es ist", schießt Ghost zurück. "Das sind meine Geschichten, das bin ich. Yayo kann meinetwegen einen fetten Schwanz lutschen. Sagt ihm, dass ich das gesagt habe."

Wenn riesige Egos aufeinander treffen, ist Stress vorprogrammiert. Sämtliche Wu-Brüder haben sich weiterentwickelt und infolge dessen auseinander gelebt. Von dem Umstand, dass es in den Reihen des Clans mächtig schwelt, zeugt schon eine simple Tatsache: Am Release-Tag von "8 Diagrams" erscheint auch Ghostfaces neuer Solo-Streich "The Big Doe Rehab". Darauf vertreten: insbesondere Raekwon und Method Man.

Von einem RZA, dem Ghost lauthals finanzielle Misswirtschaft vorwirft und überhaupt öffentlich ankreidet, er habe für "8 Diagrams" einen falschen Weg eingeschlagen und allen anderen Mitwirkenden seinen Willen aufgezwungen, keine Spur.

Ist denn Versöhnung in Sicht? "Ich bin nicht sicher, ich kann es nicht sagen", schätzt Ghostface im Gespräch mit der Village Voice die Situation ein. "Es steht gerade schlecht um den Wu-Tang Clan. Die Lage ist ernst. Ich hab' keine Ahnung."

Vorerst gehen die Clan-Männer mehr oder weniger getrennte Wege. Ghostface beteiligt sich an acht Tracks auf Raekwons "Only Built 4 Cuban Linx 2", sorgt zusammen mit ihm und Method Man für ein "Wu Massacre", das sich gewaschen hat, uns setzt seine eigene Diskografie nahtlos fort.

Nach "Apollo Kids" 2010 kehrt er seinem Label Def Jam allerdings den Rücken. Zusammen mit Sheek Louch von D-Block stößt Ghostface ein Kollabo-Projekt an. Das erste Lebenszeichen "Wu Block" erscheint 2012.

"Twelve Reasons To Die", produziert von Adrian Younge, hat Ghostface Killah im Herbst des gleichen Jahres auch bereits fertig gestellt. Um aber nicht mit des RZAs Soundtrack "The Man With The Iron Fists" zu kollidieren, erfolgt die Veröffentlichung erst im Frühjahr 2013. Die Wogen haben sich offenbar wieder geglättet.

Anlässlich des Record Store Days bastelt Apollo Brown um Ghostface' A-Capellas eine alternative Version von "Twelve Reasons To Die", die zunächst lediglich als Kassette erscheint. "Die größte Herausforderung meiner Karriere", so der Produzent aus Detroit. Fans und Kritiker haut sein "Brown Tape" allerdings derart aus den Socken, dass Soul Temple Music auch seine Fassung des Mafia-Schauermärchens im Sommer 2013 einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.

Den Ghostface Killah hält ohnehin keiner auf. "I'm bulletproof now. Back from the dead I'm invincible."

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