laut.de-Kritik

Liebenswert-lakonischer Pop mit Bläsern und Chören.

Review von

Die alten Recken wollen's noch mal wissen. Nach dem 62-jährigen Robert Wyatt mit "Comicopera" hat auch der 63-jährige Kevin Ayers nach 15 Jahren Pause mit "The Unfairground" ein neues Album am Start. Die beiden verbindet die gemeinsame Zeit bei der 1966 gegründeten Artrock-Formation Soft Machine, ehe sie sich Ende der 60er ihren Solokarrieren widmen.

Im Unterschied zu Wyatts kopflastigem, politischem und am Jazz angelehntem Artpop setzt Ayers mit seiner Vorstellung von Pop auf Zugänglichkeit, Harmonie und charmante Lässigkeit, die er mit Bläsern, famosen Chören, eingängigen Melodien und seinem warmen Bariton erzielt.

Unterstützt wird er dabei unter anderem von der jüngeren Musiker- und Fan-Generation. Die gesamte Besetzung von Teenage Fanclub mischte genauso bei den Aufnahmen mit wie Mitglieder von Architecture in Helsinki, Ladybug Transistor oder Gorky's Zygotic Mynci.

Zwischen Jahrmarkt und Vaudeville eröffnet eine Brassband behutsam "Only Heaven Knows", während Ayers mit der Weisheit des Alters schmunzelnd die Liebe zum Thema macht: "Love is a threat, is a magical feat/ Illusion of the real/ You're never quite sure if it's real what you feel/ Or just somethig that you felt before". Musikalisch und textlich besitzt Ayers jederzeit die ironische Distanz, um den Widrigkeiten des Lebens mit einem Lächeln begegnen und trotzen zu können

Für das zart melancholische, mit Streichern und Bläsern untermalte "Cold Shoulder" lieh Robert Wyatt seinem einstigen Weggefährten sein Wyattron, ein Keyboard mit seiner gesampelten Stimme; im wunderbaren, mit Akkordeon, Banjo und Bläsern instrumentierten Duett "Baby Come Home" besticht mit zarten Mariachi-Anleihen und der zauberhaften Bridget St. John als seine Gesangspartnerin.

Das flotte "Wide Awake" glänzt mit einem luftigen Gitarrenlauf und einem vom weiblichen Backgroundchor begleiteten Refrain, während "Walk On Water" als sanfte Folknummer beginnt, ehe die Bläsersektion einsetzt. Streicher und Lap Steel säuseln trunken durch "Friends And Strangers", eine sanfte 60's Pop-Stimmung durchzieht das sehnsüchtige "Shine A Light".

Roxy Musics Phil Manzanera spielt die Gitarre in "Brainstorm", das erstmals von der bisherigen harmonischen Unaufgeregtheit absieht und mit Piano und Synthesizereffekten eine traumartige, bedrückende Szenerie aufbaut. "Unfairground" dreht sich wieder beschwingt im Kreis, der letzte Track "Run Run Run" gefällt mit einer tollen Piano-Hookline und einer grandiosen Melodielinie, die mit einem Chor und Handclaps angemessen ausklingt.

"The Unfairground" entfacht trotz vielseitiger Instrumentierung keinen innovativen und spektakulären Budenzauber. Es ist vielmehr die sympathische, liebenswert-lakonische Beschreibung des Lebens eines Mannes, der sich selbst nichts mehr beweisen muss. In der Unaufgeregtheit liegt der Zauber. Für Ayers ist es ein Glücksfall, "The Unfairground" mit jüngeren Musikern eingespielt zu haben, das ganz unaufdringlich und beiläufig seine eigene Geschichte mit der aktuellen Indiepop-Kultur in Einklang bringt.

Trackliste

  1. 1. Only Heaven Knows
  2. 2. Cold Shoulder
  3. 3. Baby Come Home
  4. 4. Wide Awake
  5. 5. Walk On Water
  6. 6. Friends And Strangers
  7. 7. Shine A Light
  8. 8. Brainstorm
  9. 9. Unfairground
  10. 10. Run Run Run

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