laut.de-Kritik
Wir sind hier ja nicht bei den Ärzten!
Review von Vicky ButscherHohe Erwartungen und blitzschnell ausverkauft: Adam Green live. Zu Recht, denn der Amerikaner erfüllt alles: die Klischees genauso wie die Qualität und den Charme, den sich die Fans erhoffen.
Green ist ein Genie, und niemand weiß so recht warum. Ob seine Musik nun wirklich so besonders ist? Bedingt. Und doch schafft er es, mit einfachen Dingen zu begeistern. Allein "Heal The World" zu spielen, während man die Bühne betritt, grenzt an Wahnsinn.
Das schlüpfrige Michael Jackson-Thema clever für die ganze Show zu nutzen, ist so was von smart ... Schon damit hat Green alle Lacher auf seiner Seite. Denn seine in improvisierte Songtexte und Ansagen verpackten Statements formuliert er nie plump, sondern süffisant und amüsant. Natürlich ist niemand gekommen, nur um den Ansagen zu lauschen (wir sind ja nicht bei den Ärzten). Doch auch die Sache mit der Musik hat Mister (oder sollte man ihn der Hysterie gerecht inzwischen Master nennen?) Green ziemlich drauf. Man könnte ihm ewig zuhören, wie er mit den Gnomes als Backing-Band (und gleichzeitiger Vorband) ein grundsolides Set abspult.
Grundsolide klingt in deinen Ohren langweilig? Ist es aber nicht. Denn da scheint der Knackpunkt bei Green zu liegen. Musik wie Show lassen sich zwar mit höchst durchschnittlichen Adjektiven beschreiben, doch genau daraus schöpft er seine Kraft. Aus Unspektakulärem bastelt der Typ mit seiner absurd uncoolen Präsenz etwas, das einem nicht mehr aus dem Ohr will. Etwas, wovon der Hörer immer mehr möchte.
Mehr Show, mehr Songs ... und mehr Coverversionen. Schon kurz nach Beginn des Gigs beginnt ein Pulk in den vorderen Reihen sich lautstark den Libertines-Rotzer "What A Waster" zu wünschen. Adam schmunzelt und lässt das Stück kurz darauf folgen: Stripped down, nur er mit der Gitarre des Gnomes-Mannes (wieso zum Teufel leistet er sich eigentlich keine eigene?). Adam wandelt die Libertines-Punk-Nummer in ein charmantes Schunkelstückchen.
Keiner könnte es besser. Bei anderen klänge es vielleicht peinlich. Doch genau dafür ist Green ja so gut, genau das hebt ihn von anderen ab. Sein Beach Boys-Cover "Kokomo" lässt sogar die eher gelangweilte Backing Band ihre Ärschchen freudig aneinander reiben. Der Saal ist spätestens in diesem Moment entzückt von der in den Bann ziehenden und doch so unscheinbaren Energie, die da von der Bühne strömt.
Ach ja, eigene Songs hat er auch noch. Vor allem "Chubby Princess", "Dance With Me", "Carolina" und "Blue Birds" stechen aus dem grandiosen Set heraus. Bei den zwei Zugaben (die gefühlte Dauer enstpricht der Länge des eigentlichen Sets), lässt er das Publikum die Song-Auswahl treffen. Ob das mit dem "Oh, ich lasse den jüdischen Jungen/das jüdische Mädchen entscheiden" ein Show-Element darstellt, das er nur in Deutschland einsetzt? Die Vermutung liegt nahe. Einen Wunsch ignoriert er aber leider vehement: den Live-Knaller "Baby's Gonna Die Tonight". Dafür lässt der Mann den wahnsinnigen Dancing Green (leider erst) mit der letzten Zugabe zu "Salty Candy" aus dem Sack. Yeah, mein Herz brennt für diesen verträumt blickenden Entertainer mit großem Charme und spitzer Zunge.
PS: Zum Abgang erklingt "We Are The Champions". Natürlich hat Adam Recht. Er ist der wahre Meister des Showgeschäfts.