laut.de-Kritik
Beim Aufruf "Vergesst eure Ex-Freundinnen" liegen sich alle in den Armen.
Review von Andreas Bättig"Art Brut - Top Of The Pops. In Japan - Top Of The Pops." In Switzerland - Top Of The Pops. Art Brut - Im Mascotte: Top Of the Pops.
Was ist denn das bitte für ein Symphathie-Bolzen? Eddie Argos, Sänger von Art Brut und im Mascotte in Zürich einmal mehr Unterhaltungs-Dompteur in der Sparte Gute-Laune-Rock'n'Roll. Doch bevor Art Brut das Publikum theatralisch unterhalten, treten erst einmal Black Wire auf.
Egal was die Jungs für Drogen nehmen, es müssen gute sein. Das Publikum wird einfach mal schnell mit 150 Rock'n'Roll-Sachen überfahren. Platt gewalzt. Umgenietet. Mir gefällt ihr ungestümer Rock. Doch meine Begleitung meint nur: "Das sind dumme trashige Brit-Rocker. Die Capain Jacks des Indie-Rocks." Gut, Aussagen von jemandem, der fünf Modern-Talking-Alben in seiner Plattensammlung stehen hat, muss man nicht unbedingt erst nehmen.
So tanzt sich Sänger Daniel Wilson quer durch den Mascotte-Club, überquert geschickt den Bar-Tresen und will sich feiern lassen. Die Publikumsreaktionen sind eher verhalten.
Dann sind die Großmeister des amüsanten Geschichtenerzählens endlich dran. Betrachtet man die fünf Briten auf der Bühne, muss man schon wegen ihrem Erscheinungsbild schmunzeln. Bemühen sich andere Bands, irgendwie homogen-cool rüber zu kommen, gleichen Art Brut eher einem Patchwork-Band-Haufen. Sänger Eddie tritt ohne Schuhe und nur in Socken auf. Sein weißes Hemd spannt sich diskret über die bereits beachtliche und zugleich sympathische Bier-Plauze.
Bassistin Freddie Feedback könnte irgendwie die große Schwester von Kelly Osbourne sein. Die beiden Gitarristen, einer trägt ein Shakira-Shirt, der andere hatte früher wohl mal bei Guns'n'Roses gespielt, fallen ebenfalls optisch aus dem Rahmen, und auch der Arbeiterhemd tragende Schlagzeuger fügt sich in die wirre Bandoptik passend ein.
An dieser Stelle muss ich eines mal los werden: Das Mascotte ist schon ein verdammt ordentlicher Gig-Club. Denn wie schon bei Maximo Park hat man auch bei Art Brut das Gefühl, dass die Band quasi im eigenen Wohnzimmer spielt. Der Sound ist passend laut, der Club ist voll, es herrscht jedoch kein großes Gedränge.
Natürlich trägt Art Brut selbst viel zur fast schon intimen Stimmung zwischen Band und Publikum bei. Eddie thematisiert in seinen Liedern Dinge, bei denen irgendwie alle mitfühlen können. Und so liegen sich spätesten beim Aufruf "Vergesst eure Ex-Freundinnen" alle versöhnlich in den Armen und jubeln der Band zu. Natürlich dürfen dabei Klassiker wie "Bad Weekend", "Bang Bang Rock'n'Roll", "My Little Brother" oder "Emily Kane" nicht fehlen. Aber auch neue Stücke wie "Nag Nag Nag Nag" oder "Direct Hit" zünden beim Publikum sehr gut.
Ja, er ist ein geborener Entertainer dieser Eddie Argos. Dabei bleibt er aber immer sympathisch tragisch komisch mit seinen Geschichten aus dem Leben. Nie mutiert er zu einem lächerlichen Rock-Clown.