laut.de-Kritik
Osterfeier mit Akkordeon, Kinderorgel und Drumcomputer.
Review von Vicky ButscherDas letzte Mal war Beck mit 14 oder vielleicht auch 20 Leuten in Berlin. Wie viele es genau waren, wusste er selber nicht mehr. Viele auf jeden Fall. Jetzt saß er alleine auf der Bühne der ausverkauften Passionskirche. Seine besten Freunde für die kommenden knapp zwei Stunden sind Gitarren, ein Klavier, eine Orgel und vor allem sein Lieblingsspielzeug: der Drumcomputer. Nach dem letzten Album könnte man meinen, dass Herr Hansen gerade vorrangig Trübsinn bläst.
Stimmt aber nicht: Ein scherzender Typ, den man auf der Stelle sympathisch, wenn nicht - um das Unwort zu benutzen - niedlich findet, betritt kurz nach acht die Bühne. Lachend erzählt Beck, er habe gerade bemerkt, dass ja Ostern sei. Er hätte aber leider keine Eier für sein Publikum mitgebracht. Dafür findet Beck mit "Already Dead" und dem darauf folgenden "We Live Again" seine persönliche Ostersong-Reihe. Außerdem ist das, was er auf der Bühne bietet einem prall gefüllten Osternest ebenbürtig.
Ein Multitalent sitzt vor dem Altar. Zu Beginn beschränkt Beck sich noch auf verschiedene Akustik-Gitarren. Dann erklingt zu "Tropicalia" das erste Mal sein funky Spielzeug ("His name is 'Roland'"). Dieser kleine Drumcomputer lässt Beck zum experimentierfreudigen Kind mutieren. Kurz darauf sitzt er am Klavier, bei dessen Anblick man auf eine Westernsaloon-Schießerei wartet. Auf der anderen Seite des Altars steht eine Seventies-Orgel, auf der Hansen in Begleitung von 'Roland' eine arschcoole Version von "Nicotine and Gravy" interpretiert.
Zu "Nobody's Fault But My Own" spielt Beck auf einer Mischung aus Akkordeon und Kinderorgel, später packt er noch eine Mundharmonika aus. Während er diese mit einer Hand spielt, programmiert er mit der anderen den Drumcomputer um oder begleitet sich selbst auf dem Klavier. Und über alledem liegt Becks ungewöhnlich klangvolle und souveräne Stimme. Nach gut anderthalb Stunden verlässt der Künstler die Bühne, um drei Mal vom begeisterten Publikum wieder zurückgeholt zu werden. In einer Zugabe schafft er die Wandlung von Beatboxing über Nellys "Hot In Here" zu einem Pianostück. Bei der Nächsten spielt er Velvet Undergrounds "Sunday Morning" und in der letzten Zugabe einen neuen Song, eine traurige Liebesballade am Klavier. Seine kommenden Live-Termine im Sommer sind nach diesem Abend Pflicht.