laut.de-Kritik
Wärs nach den Fans gegangen, hätten sie noch ewig weitermachen können.
Review von Michael EdeleMit "A Twist In The Myth" haben Blind Guardian vor ein paar Wochen ein verdammt starkes Album vorgelegt, das vollkommen zu Recht überall in Europa hohe Chartplatzierungen einfahren konnte. Dass sich die Songs nahtlos in die Liste an Klassikern der Band einreihen lassen und die sie auch live reproduzieren kann, davon wollte ich mich in Langen überzeugen.
Als ich kurz nach acht die Stadthalle betrete, steht die Vorband Astral Doors schon auf der Bühne und wärmt die 1.800 Besucher schon mal mit ihrem 70er/80er-Jahre Hardrock an. Die Bierstände werden recht stark frequentiert und auch mich zieht es noch nicht an den Bühnenrand. Allerdings muss man der Band zugute halten, dass sie ihre Sache ordentlich macht und somit auch mehr als nur den Höflichkeitsapplaus bekommt.
Nach vierzig Minuten ist Schluss und es beginnt der Umbau für den Headliner. In der Zeit hätte man gut und gerne noch ein, zwei Spotlights mehr an die Lichttraverse hängen können, denn für die Fotografen ist während des Gigs mal wieder Russisch Roulette angesagt. Dank der niedrigen Bühne kann man zwar in aller Ruhe abdrücken, ob auf den Bildern bei der Dunkelheit auch was zu erkennen ist, bleibt Glückssache. Davon abgesehen bieten die Guardians natürlich einen Querschnitt durch ihr Gesamtwerk, der ausschließlich aus Hits besteht und solchen, die es bald sein werden.
Schon das Intro spricht anscheinend jeder Zweite um mich rum mit und als es mit "Into The Storm" losgeht, gibt es für die Menge kein Halten mehr. Auch der Band merkt man den Spaß deutlich an obwohl schnell auffällt, dass Hansi versucht, seine Stimme zu schonen. Hauptsächlich hält er sich in der mittleren Tonlage auf und selbst alte Songs, bei denen er sonst deutlich rauer zur Sache geht, bekommen einen deutlich softeren Touch. "Fly" ist schließlich die erste Nummer vom neuen Album und wenn man eh jede Menge Hymnen im Set hat, dann stört es auch nicht, "Valhalla" in der Mitte der Setlist zu platzieren.
Nachdem die Fans lauthals "Majesty" fordern, zocken die Krefelder die Nummer tatsächlich runter, obwohl Hansi zuvor versichert, dass man den Song schon seit Ewigkeiten nicht mehr gespielt habe. Wenn das stimmt, dann aber Hut ab, Jungs! "This Will Never End" und "Another Strange Me" sind die beiden weiteren, neuen Songs, welche sie an dem Abend durch die Boxen jagen. Und genau wie alle anderen Stücke müssen auch diese fast komplett ohne Bässe auskommen. Tourbasser Oli Holwarth hätte auch mit dem Besenstil dastehen können und Drummer Frederik hätten ein paar Becken und Snare gereicht. Wann pustet mal jemand den Soundmännern die Ohren durch?
Auch Magnus' Gitarre ließ sich mehr erahnen, als hören, dafür standen Gesang und die Leadgitarre von André ständig im Vordergrund. Da die beiden natürlich 90% der Melodien tragen, ist das an sich nicht schlecht, aber immerhin steht die komplette Band auf der Bühne, von der man auch gern etwas gehört hätte. Auch Keyboarder Mi (der in Langen Geburtstag feierte und ein Ständchen bekam), ging meist im dünnen Sound unter.
Nach zwei Zugaben mit jeweils zwei Songs war endgültig Schluss und da, wie schon erwähnt, recht frühzeitig losgelegt wurde, kam der arbeitende Mensch sogar noch vor zwölf zum Matratzenhorchdienst. Ein paar Überraschungssongs mehr hätten es schon sein dürfen, aber mit der Fülle an guten Songs, wie Blind Guardian sie im Repertoire haben, kann man es eh nie jedem recht machen.
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