laut.de-Kritik
Totale Verausgabung auf und vor der Bühne.
Review von Juliette KaiserFür das Publikum in der gut gefüllten Halle des Backstage gibt es an diesem Abend kein Aufwärmen vor dem Tanzmarathon - die Münchener Vorband Black Diamond sagt ihren Autritt nämlich wegen Krankheit ab. Zum Zeitvertreib pendelt daher manch Besucher zwischen Merchandise-Stand mit Chikinki-Einkaufstaschen und Hotpants und der Bar.
Dann erklingt das Intro. Versatzstücke aus "Peter und der Wolf" und Nebelschwaden verhüllen die Bühne. Alles schaut gespannt nach vorne, als dort nach und nach fünf Jungs aus Bristol erscheinen. Sie beginnen mit "Like It Or Leave" vom ersten Album "Lick Your Ticket". Eine klare Ansage, der natürlich Folge geleistet wird: Niemand geht, stattdessen stehen Tanzen, Singen, Schreien auf dem Programm. Und zwar dies- wie jenseits des Rampenlichts.
Live klingt die Band erfreulicherweise noch bombastischer und mitreißender als auf Platte. So überzeugen auch die Stücke des aktuellen Albums "Brace, Brace". Spätestens ab dem viertem Lied "You Said" ist der ganze Saal in Bewegung. Chikinkis Gitarrenrock inklusive eingängiger Keyboard-Melodien bringt selbst den größten Phlegmatiker in Fahrt.
Tastenmann Boris Exton geht dabei mit guten Beispiel voran: So fällt er abwechselnd vor seinen Bässen auf die Knie, kriecht auf dem Boden herum, springt wild durch die Gegend und spielt teilweise scheinbar mehr mit seinem Kinn als seinen Händen. Trevor Wensley hingegen steht cool an den Boards und wippt lediglich leicht mit dem Oberkörper, während er Space- und Industrial-Samples einstreut.
Eingerahmt von seinen Keyboardern gibt Sänger Rupert Browne alles. Über eine volle Stunde schafft er es, ekstatisch zu zappeln, seltsame Tanzeinlagen zu liefern und ausgiebig Grimassen zu schneiden. Soli seiner Mitstreiter nutzt er, um publikumswirksam eine Schellentrommel oder seinen Hintern zu schwingen. Während "2 Possible Worlds", der ersten Zugabe, springt er schließlich ins Publikum.
Es folgt ein gelungenes Cover des Velvet-Underground-Songs "It’s All Right (The Way That You Live)". Während die Groupies in der erste Reihe bereits erschöpft über den Boxen hängen, legen Chikinki eine zweite Zugabe nach. Das Set endet mit "Hate TV" so laut und kraftvoll, wie es begonnen hat. Dann ist aber auch die Band am Ende: Völlig entkräftet schleppt sich Boris beinahe auf allen Vieren als letzter von der Bühne.