laut.de-Kritik
Mädchen und Jungs küssten Chris Martin jede Zeile von den Lippen ab.
Review von Jasmin LützWenn man mal von Richard Clayderman oder "Paulchen" Kuhn absieht, sind singende Männer am Klavier unglaublich sexy. Zuletzt gesehen in der ausverkauften Phillipshalle in Düsseldorf bei den wunderbaren Coldplay. Spätestens hier bereute ich es, meinen Klavierunterricht vor Jahren nicht ernsthaft durchgezogen zu haben.
Chris Martin dagegen hat fleißig geübt und war somit der musikalische Adonis an diesem Abend. Neben seinen unglaublichen Fähigkeiten am Tasteninstrument singt er einen ohne Gnade in Grund und Boden.
Im nächsten Moment hat er plötzlich wieder die Gitarre um den Hals und hüpft begnadet über die Bühne, bleibt stehen, lässt die vorwiegend weibliche erste Reihe in Hitzewallungen geraten und kehrt munter wieder ans Mikrophon zurück. Seine Bandkollegen halten sich währenddessen im Hintergrund auf, wobei die musikalischen Fähigkeiten des Schlagzeugers (Will Champion), des Gitarristen (Jonny Buckland) und des Bassisten (Guy Berryman) keineswegs verschwiegen werden dürfen. Aber die Bühne regiert nun mal Chris Martin. Seine Gwyneth kann sich glücklich schätzen.
Egal, ob bei Stücken wie "Don't Panic" oder "Shiver" vom Debüt-Erfolgsalbum "Parachutes" oder bei aktuellen Hymnen wie "Politik", "Clocks" und "In My Place", die Briten bieten ihrem Publikum eine reife, poppige Rockshow mit viel Bewegung in der Melancholie des Schönen. Wer eine depressive, langatmige Konzertreise erwartet hatte, der wurde positiv enttäuscht. Coldplay rocken und tanzen. Natürlich gehören auch traurig schöne Momente dazu. Was sich dabei leider auch nicht vermeiden lässt, sind die im Publikum sich abschmatzenden Paare, die sich womöglich bei "Spies" oder "The Scientist" auf der Geburtstagsfete von Klaus-Peter kennen und lieben gelernt haben und sich in der Öffentlichkeit einfach nicht beherrschen können. (Ist das der Neid? - Ja! - Anm. d. Red.) Allerdings sieht man auch einfache zufriedene Gesichter. Mädchen und Jungs, die ihr Glück nicht fassen können. Mit Händen vor dem Gesicht und zurückhaltenden Jubelschreien blicken sie in Richtung Bühne und scheinen jede einzelne Textzeile von den Lippen Chris Martins abzuküssen.
Absolutes Highlight ist die Live-Performance der ersten Single "Yellow". Die Bühne erleuchtet in einem grellen, warmen Licht. Erst als sich die Augen an die gelben Scheinwerferstrahlen gewöhnen, sieht man Chris Martin, diesmal nur mit Mikro in der Hand, tanzend herum hüpfen. "Look at the stars, look how they shine for you, and everything you do, they were all yellow." Sichtlich zufrieden breitet er die Arme aus und dreht sich eine Weile um sich selbst. Wie damals bei Depeche Mode. "Ja, mach mir den Dave Gahan". (Kurze Erklärung: Der DM-Sänger tat dies schon im Video zu "A Question Of Time" - Song und Bewegung faszinieren mich noch heute!)
Das Licht geht an: Nach solch einem bombastischen Finale denkt man natürlich, jetzt kann nichts mehr passieren. Also rausrennen, um möglichst schnell seine Jacke an der Garderobe abzuholen, doch plötzlich erklingt die fantastische Klaviermelodie in meinen Ohren. Schnell mit der Masse zurück in den Saal. Das Licht ist immer noch an, aber Chris Martin sitzt alleine am Piano und spielt "Trouble". Ja, klar, DER hatte ja noch gefehlt. "Singing, I never meant to cause you trouble, I never meant to do you wrong, And I, well if I ever caused you trouble, Oh no, I never meant to do you harm." Aus dem hinteren, dunklen Bereich versammelt sich die ganze Band noch mal um ihren Frontmann. Die letzten Töne klingen aus und Chris Martin entlässt uns in die kalte Nacht.
Doch ein besonderes Geschenk von meinem geschätzten Kollegen Mengele sollte noch auf mich warten. (Es folgt ein kurzer Auszug aus dem BRAVO-Tagebuch eines 14-jährigen Teenagers). Der stand anfangs im Fotograben und durfte sexy Chris von nahem betrachten. Als dieser ein Plektrum auf die Bühne fallen ließ, schnappte Adlerauge Mengele ohne zu zögern zu, drehte sich um und hielt das beste Stück der kreischenden Weiber-Schar entgegen. Grinsend packte er es ein und schenkte es nach dem Konzert seiner liebsten Kollegin. Coole Sau!
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