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Mit:
Datum: 9. Dezember 2004
Location: Prime Club
Köln
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Bouncen in der "Glöckner von Notre Dame"-Stellung.

Review von Philipp Schiedel

Ein weiser Mann schrieb einmal, dass Dizzee Rascal Musik für Leute mache, die normalerweise gar keinen (oder nur selten) Hip Hop hören. In meinem Fall stimmt das. Und für viele andere wohl auch, stieg Dizzee mit seinem Debüt "Boy In Da Corner" doch in Hype-Sphären auf, die sonst nur den Gitarren-Typen auf dem NME-Cover vorbehalten sind. Nebenbei räumte er auch noch den renommierten Mercury Music Prize ab. Im Kölner Prime Club traf diese These allerdings weniger zu. In der Praxis regierten Baggy-Pants und Parkas mit Fuchsschwanz um den Nacken die voll gepackten Reihen. Und das sollte sich später als äußerst positiv für den Gig herausstellen. Da das Konzert kurzfristig vom Bürgerhaus Stollwerck in den Prime Club verlegt wurde, war es um 20 Uhr (!) noch recht leer, als MC Data und sein DJ Superfrisky als Support-Act auf der Bühne hantierten.

Pünktlich zu Dizzees Auftritt war der Laden dann rappelvoll - und die erste Überraschung da. Denn der einsame Dizzee, Producer und Rapper in Personalunion, kam nicht etwa alleine, sondern brachte sich Live-Unterstützung in Gestalt eines DJs und eines MCs mit. Schon im ersten Song stellte sich dies als gute Entscheidung heraus. Dizzee hatte Freiraum, um herumzutollen und einen ordentlichen Buckel zu schieben. Von den hinteren Reihen konnte man den kleinen Mann jedenfalls nur selten erblicken, tanzte er doch in der im Hip Hop weit verbreiteten "Glöckner von Notre Dame"-Stellung bestenfalls für die erste Reihe. Dennoch tanzten alle kräftig mit. Und das war Überraschung Nummer Zwei. Einfaches Kopfnicken schien der Crowd zu wenig zu sein.

Dementsprechend ließ Dizzie seine Jünger das komplette Konzert durchbouncen (im Gitarren-Genre nennt sich so etwas Pogo), und sogar Stagediver rangen sich dazu durch, den kleinen Raum zwischen den eigenen Händen und der Decke des Prime Clubs zu erkunden. Dizzie Ras feuerte mit seinen trockenen Beats und dem bekannten Haspel-Style recht heftig, und redete auch in den Pausen in einer solchen Geschwindigkeit mit dem Publikum, dass selbst englische Muttersprachler ihre Schwierigkeiten mit ihm gehabt hätten. Dem Publikum war es egal (man versteht ja auch auf Platte kaum was …) und hüpfte unverdrossen und munter weiter. Während sich die Indie-Jünger wunderten, wieviel Spaß man auf einem Gig haben kann, wenn man mal nicht nur herumsteht, zeigten die Jungs mit den dicken Hosen, wie ein gutes Live-Publikum auf einen guten Live-Gig reagieren sollte. Liebe Hip Hopper, lasst euch das von einem Gitarren-Verehrer bestätigen: Live seid ihr die Besseren.

Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Dizzee Rascal

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