laut.de-Kritik
Thrashten durch die 80er und 90er und wieder zurück!
Review von Michael EdeleEines muss man den Jungs und Mädels vom Frankfurter Nachtleben neidlos zugestehen: In Sachen Bandauswahl beweisen sie ein feines Händchen und holen sich absolute Kultbands in ihren kleinen, aber feinen Laden.
Zuletzt wurde der Metal-Fan noch durch den Cynic-Auftritt in das nächste Progressive-Universum gebeamt und nun thrashten Flotsam & Jetsam den Club einmal durch die 80er und 90er und wieder zurück!
Doch zuvor muss man Izegrim über sich ergehen lassen, die ihre Bühnenshow ihrer Musik anscheinend perfekt angepasst haben. Unspannender Death/Thrash Metal – gelangweilte Bühnenshow. Da reißen es auch die beiden Mädels in der Truppe nicht raus, von denen die eine ins Mikro brüllt und die andere den Bass zupft (bei ebenfalls gelegentlichem Gegröle).
Lassen die beiden Gitarristen wenigstens alle fünf Minuten mal kurz zwei Haare fliegen, toppt die Dame am Mikro ihre Performance abschließend damit, dass sie beim letzten Song während des ausklingenden Solos stocksteif da steht und gelangweilt ins Leere starrt. Sechs, setzen.
Non-Divine machen ihre Sache deutlich besser, haben aber bei den Landsleuten von After Forever und anderen wohl den Trick mit den Ventilatoren abgeschaut. Jedenfalls lassen sie sich während des ganzen Gigs die Haare fönen, machen dafür musikalisch und in Sachen Unterhaltung wesentlich mehr her, als ihre ebenfalls holländischen Kollegen von Izegrim.
Passend zum Outfit, das sie für das Debütalbum "Asylum 45" gewählt haben, stehen sie in ihren weißen Patienten-Uniformen auf der Bühne und überzeugen mit einer Mischung aus klarem und rauen Gesang und abwechslungsreichem Metal. Zwischendrin gibts mit einem neuen Songs schon mal ein Appetizer aufs nächste Album, Fans des Debüts dürften auf keinen Fall enttäuscht sein.
Dann dürfen endlich Abandoned auf die Bühne und es wird fast übervoll im Nachtleben. Kalli und seine Jungs sind wie immer bestens gelaunt, punkten mit blöden Sprüchen und natürlich mit astreinem Bay Area-Thrash. Günth übernimmt inzwischen ein paar Backings, ärgert sich später aber darüber, dass die tatsächlich auch zu hören waren ...
Dafür lassen er und Holg ständig die Matte kreisen und legen eine Spielfreude an den Tag, von der sich die beiden Vorbands mehr als nur eine Scheibe abschneiden sollten. Mit "Misanthrope" packen sie zwischendrin sogar noch den Titelrack vom Demo aus, doch auf einmal ist der ganze Spaß schon wieder rum.
Ein Blick auf die Setlist verrät, dass die Hessen ihren Gig wegen den Vorgruppen deutlich zusammenstreichen mussten und trotz anhaltenden Zugaberufe etwas wenig mehr als einer halben Stunde nicht mehr auftauchen.
Aber wenn wir ehrlich sind, waren sowohl die Abandoned-Fans als auch Abandoned selbst hauptsächlich wegen Flotsam & Jetsam hier. Nach erfreulich kurzer Umbaupause steigen die auf die Bretter und legen sofort los.
Der Club tobt und Basser Jason Ward steht fast den kompletten Gig vorne am Bühnenrand und nutzt jede Gelegenheit, mit den Fans abzuklatschen. Flotsam wissen genau, was die Meute hören will und spielehn ausschließlich Songs der ersten fünf Scheiben.
Gerade mal das Lard-Cover "Forkboy" von High schafft es noch in die Auswahl, ansonsten stehen die Werke der 80er und frühen 90er im Mittelpunkt. Sänger Erik legt eine tolle Listung hin, ist zwischen den Songs aber ordentlich außer Atem und muss seine Jungs fast schon um eine kleine Pause zwischen den Songs anbetteln. Davon wollen die meistens aber nicht viel wissen und scheuchen ihren Sänger einfach von einer Höchstleistung zur nächsten.
Außer Jason ist auf der Bühne zwar auch nicht viel Bewegung, aber das liegt wohl daran, dass sich Mark Simpson auf seine Backing Vocals konzentrieren muss, und Ed Carlson in diesem Leben wohl auch keinen Marathon mehr läuft. Dafür zeigt sich Drummer Craig Nielsen einmal mehr in Topform, auch wenn er den Gig meist mit recht unbewegten Gesichtsausdruck durchzieht. Seine Begeisterung äußerst sich erst beim Abklatschen mit den Fans.
Auch an Eriks etwas introvertierte Stageacting von hat man sich inzwischen gewöhnt. Er vermeidet meist den Blickkontakt mit Publikum und den Fotografen, sucht aber zumindest hin und wieder die Kommunikation. Die Songauswahl ist dafür einfach optimal. Und dass das Nachtleben nicht bis unters Dach ausverkauft war, bleibt einfach nur eine verdammte Schande.
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