laut.de-Kritik
Schottische Melodien, die ins Delirium führen.
Review von Mathias DeneckeDie Sonne versinkt im Horizont. Touristen und Shoppingwütige bevölkern die frühlingshafte Münchner Innenstadt. Hie und da mischt sich gar ein Einwohner der Stadt darunter, der mir bereitwillig Auskunft über den Veranstaltungsort des Konzerts erteilt. Hinter dem Brauhaus schlängelt sich schließlich unauffällig die schmale Straße zum Atomic Café entlang. Hier sind kaum noch Menschen unterwegs.
Nur eine Stunde bestätigen dennoch Heerscharen von Menschen, was der Promoter kurz darauf bestätigt: "Es ist total ausverkauft."
Im Club folge ich dann dem wortlosen Chef vom Dienst durch einen schmalen Gang - und plötzlich steht die Band vor mir. Erst heute Nachmittag sind sie angereist und fahren in der Nacht schon wieder weiter. Tourleben halt.
Mit dem sind wohl auch die Jungs der Vorband Talking Pets vertraut. Vor dem letzten Song bedanken sie sich beim interessierten Publikum bei Frightened Rabbit zu sein - vor allem, weil die ihnen Bier zur Verfügung stellen.
Nach kurzer Umbaupause treten die fünf Schotten dann beinahe schüchtern auf die kleine rot beleuchtete Bühne: "Hi, we're Frightened Rabbit". Vorab wird im Publikum gemunkelt, dass man gleich eine gute Liveband sehem werde. Stimmt!
Schon nach den ersten Takten des Openers labt sich das Volk hingebungsvoll am melancholischen Folkpop der Schotten und hängt an den Lippen Scott John Hutchinsons. Seine Melodien führen ins Delirium, gefesselt und nachdenklich zugleich verfolge ich die umjubelte Show.
Von dem Lo-Fi-Sound der ersten Vierspurgerät-Aufnahmen spürt man wenig. Der Sound kommt vielmehr klar und stimmig abgemischt. Kein Instrument geht unter, der Gesang schmiegt sich in die Klänge ein. Sie fordern weniger zum Tanzen als zum Nachdenken auf. Jeden Einzelnen wickeln die Nordländer in einen weichen melodiösen, melancholischen Kokon - hypnotischer Vortrag inklusive.
Hutchinson schließt die Augen und erzählt mit Nebel- und Whiskeygetränkter Stimme Geschichten, die ihm an der schottischen Küste einfielen. Fast verwandelt sich die Bühne in grau verhangene, grüne Landschaften vor Steilklippen und aufpeitschendem Meer.
Zwischen den Liedern kommentiert die Band nur wenig, bedankt sich artig beim Publikum - und bei Death Cab For Cutie dafür, die sie als Support durch Uk und Irland begleiteten. Den Großteil des Sets bestreiten die Schotten aus dem Anfang März erschienenen dritten Studioalbum "The Winter Of Mixed Drinks." Und geht man rein nach dem Applaus, heißt das klare Highlight "Swim Until You Can't See Land".
Das Ende läutet Hutchinson mit Solo-Akustikeinlage ein, sanft und eindringlich singt er mit leicht überstrecktem Hals ins Mikrofon, bevor die restlichen Bandmitglieder zum Finale einsetzen.
Fragt man Konzertbesucher wird von allen Seiten ein großartiges Konzert bestätigt. Der ein oder andere hätte sich entgegen meiner Meinung allerdings mehr Tanzstoff gewünscht. Derweil packt die Koffer, kommuniziert und posiert breitwillig mit den Fans, bevor sie Tourbus verschwinden. Vielen Dank und gute Reise!