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Datum: 6. Mai 2007
Location: Rohstofflager
Zürich
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Gus Gus brachten Zürich zum Beben und die Massen zum Tanzen.

Review von Mathias Möller

Als Khan Of Finland, die Vorband des Abends, die Bühne betritt, ist klar, dass es ein großer Abend der Freaks werden wird. Das Berliner Trio um Frontmann Can "Khan" Oral (a.k.a. Captain Comatose), der mit langer strohblonder Perücke die Bühne betrat, spielt nach eigenem Bekunden Acoustic Electronic Blues.

Eine Mischung, die schnell vergessen lässt, dass man eigentlich auf den Hauptact wartet. Der Produzent hat mit seinen Bandkollegen, dem Beatboxer Mark Boombastik und Tastenmann Boris Bergman, im April das Album "Who Never Rests" veröffentlicht und bietet nun einen teilweise kruden, aber äußerst kurzweiligen Mix aus Trash, Electro und Blues. Nur scheinbar dilettantisch wird hier DIY zur Kunstform erhoben. Die human Beatbox loopt sich selbst, Khan spielt eine weiße Flying V in Kindergröße, und Boris lässt seine Finger vom Electro-Funk beseelt über die Tasten seiner Synthies gleiten.

Bevor die Isländer die Bühne erklimmen, wird Podest und Zuschauerraum ausgiebig in Kunstnebel gehüllt. "Sweet Smoke"? President Bongo, laut-intern nur bekannt als der Ananasmann, und Biggi Veira stehen zuerst hinter den Knöpfen und drehen, was das Zeug hält. Grüne Stroboblitze begleiten das Soundgewitter, aus dem sich langsam der Titeltrack des aktuellen Albums "Forever" heraus arbeitet. Der Sound ist vom ersten Augenblick an mächtig und völlig klar, auch wenn kurz mal einige Boxen ausfallen. Schnell zeigt sich, wie gut es ist, dass das Rohstofflager heute Abend nicht ganz ausverkauft ist. Denn von der ersten Sekunde bricht ein Tanzfieber aus, das bis zum Ende des Gigs sogar die letzten Reihen erfassen wird.

Mit donnergrollender Stimme heißt President Bongo die teilweise jetzt schon ekstatischen Besucher Willkommen. Für die folgenden Tracks gesellt sich auch Sängerin Earth zu den Fricklern, begleitet von zwei Backgroundsängerinnen. Diese tragen einen dicken, neongelben Streifen quer über Wangen und Nase gemalt, Earth trägt einen neon-orangenen Vollbart. Gekleidet in einen hautengen, - natürlich - neonfarbenen Ganzkörperlegging. Verziert mit schwarzem, über die linke Schulter geworfenen Tüll. So bringt sie mit ihrem mal souligen, mal kieksendem Gesang die Konzertgänger zum Schwitzen.

Alle relevanten Nummern vom aktuellen Album - bei der Single "Moss" dreht die Menge schlussendlich völlig frei - sind in der Playlist berücksichtigt, ebenso Klassiker wie "David" oder "Call Of The Wild". Irgendwann kommt auch Daníel Ágúst auf die Bühne, um die Sängerinnen mit seinen Vocals, vor allem aber mit seinen herrlich extravaganten Tanzeinlagen, zu unterstützen. Der Superfreak trägt einen dicken schwarzen Streifen im Gesicht und macht mit seinen hochgebundenen Haaren die tanzende Palme. Tai Chi meets Trance, vor und vor allem auf der Bühne.

Gus Gus liefern gekonnt und mitreißend ein sehr gutes Tech-House-Electro-Brett ab, das zwischendurch bei "If You Don't Jump (You're English)" etwas zu hart zu werden droht, dann aber wieder seinen Weg zurück in gut tanzbare Bahnen findet. Das Publikum dankts mit geschwungenen Extremitäten, hier und da sieht man sogar Paartänzer. Zwei Männer grooven sich an wie balzende Tauben, langhaarige Mittdreißiger raven sich in Parallelwelten und in der ersten Reihe hat tatsächlich einer gelbe Neonfische auf dem Hemd.

Fraglos ziehen sich alle Stücke live noch einmal ein bisschen in die Länge, nach einer Zugabe ist unvermittelt Schluss. Das Publikum hat allerdings noch nicht genug, die langsam auszappelnden Körper lassen sich auch nicht von der Ausflucht "Our synthesizer doesn't know any more songs" überzeugen, doch bitte den Heimweg anzutreten.

Und so lässt der Ananasmann noch einmal den großen Unterhalter (zwischendurch hat er schon mit großem Posingsport geglänzt) raushängen. Stellt sich allein vors Publikum und fragt: "You want more?" Kreisch! "You got the money? You got the money?" Nach einem kurzen Augenblick der Begriffsstutzigkeit regnet es Rappen und Franken auf die Bühne. "I only take paper money!," meint der President noch, dann lassen er und Biggi sich doch erweichen und bringen ihrem Equipment noch schnell einen weiteren Song bei. Und lassen das Publikum danach verzückt nach Hause tänzeln.

Artistinfo

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Die Wikinger von Gus Gus präsentieren sich zu Beginn ihrer Karriere ab 1995 gern auf einer fast leeren Bühne vor allerlei elektronischem Gerät und …