laut.de-Kritik
Technoider Pop oder poppiger Elektro? Egal!
Review von Oliver LambrechtDraußen rollt die Hitzewelle pünktlich zum Herbstbeginn los und drinnen rocken Hot Chip ebenfalls pünktlich zum Konzertauftakt nicht minder heiß die Clubs: Im Prime Club zu Köln laden die fünf Elektrotechniker aus London. Es gilt, den positiven Eindrücken der Platte auf der Bühne Nachdruck zu verliehen.
Schlag 21 Uhr eröffnen zunächst Low-Fi-Fnk aus Schweden mit ihrem Mini-Hit "City" den musikalischen Reigen. Die kreativen Köpfe Leo Drougge und August Hellsing, begleitet von ihrer Bassistin, stellen ihr Debütalbum "Boylife" dem Kölner Publikum im nicht ganz ausverkauften Haus vor. Die Menge brodelt interessiert vor sich hin und drängt so die Klimaanlage in den Hintergrund. Leider bereitet die Technik den Schweden Probleme, was den Zuhörern den ein oder anderen schiefen Ton einbrockt.
Dies bleibt Lo-Fi-Fnk selbst erspart, denn die Monitorboxen leisten kaum ihre Arbeit. Trotzdem schwofen einige Menschen vergnügt zu den Klängen von Computer, Gesang und Synthesizer. Wie Sugarplum Fairy im R'n'R beweist das schwedische Elektroduo, dass man auch in jungen Jahren die in diesem Fall elektronische Musik nicht nur begreifen, sondern auch bereichern kann.
Doch Lo-Fi-Fnk soll nur der Auftakt zu Hot Chip bleiben. Nach kurzer Umbaupause, in der die fünf Engländer noch selbst Hand an die Instrumente legen, beziehen sie ihren Platz auf der Bühne. Der Auftakt "Out Of The Pictures" fällt weniger aus dem Rahmen, sondern steckt selbigen präzise ab.
Bis zu vier Synthesizer knallen den Anwesenden von Beginn an Höhen und Tiefen des musikalischen Spektrums um die Ohren. Dabei fragt man sich ständig, ob es sich nun um technoiden Pop oder poppigen Elektro handelt. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen, selbst das überstrapazierte Verb "rocken" darf hier getrost verwendet werden.
Mit "Keep Falling", "Boy From School" und "Just Like We Breakdown" spannen Hot Chip den Bogen weiter. "Shake A Fist" und "Hold On" halten die tanzende Masse nicht nur bei Laune, sondern heizen sukzessive weiter gen Siedepunkt. Die Raumtemperatur gleicht mehr und mehr der einer Sauna. Es folgen "Crap Kraft Dinner" und "Beach Party", ehe das Set in "Over and Over" seinen Höhepunkt des Abends findet.
Gerade bei dem Song, der sich um das entspannte "Laid back" dreht, beginnt die Menge zu pogen, als solle der Laden noch in dieser Nacht zum Bersten gebracht werden. Danach gönnen sich die Briten eine Pause ("We'll have a short break") und signalisieren, dass sie auch ohne das obligatorische "Zugabe"-Geklatsche erneut die Bühne erklimmen werden. Der höflichen Ankündigung folgt verdientermaßen begeisterter Applaus.
Keine zwei Minuten später stimmen die Musiker dreieinhalb Lieder als Bonus an. Zunächst "Colours", gefolgt von einem improvisierten Ständchen für Geburtstagskind Joe. Ihm widmen die Bandkumpanen dann auch das vorletzte "Careful", ehe sie mit "No Fit State" den Auftritt besiegeln. Hot Chip genießen sichtlich die Freiheit, die ihre Musik live zu interpretieren, und das Publikum weiß dies zu schätzen. Bis in die hintersten Reihen haben sich die Fans am Ende "den Arsch abgerockt". So lange niemand deshalb nach vorne umkippt, verheißt das wohl nur Gutes.