Details

Mit:
Datum: 25. Januar 2007
Location: Live Music Hall
Lichtstraße 30
50825 Köln
Website: Offizielle Homepage des Veranstaltungsorts
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

"Wir haben Gott gesehen!" Alterslos in Köln.

Review von Jasmin Lütz

Ich habe Gott gesehen. Nein, ich bin nicht den Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela entlang gepilgert. Sondern nur nach Köln-Ehrenfeld in die Live Music Hall, um pünktlich zum langersehnten Auftritt von Mr. Jarvis Cocker zu kommen. Königlich und gutgelaunt schreitet er auf die Bühne und sofort liegt ihm das Publikum zu Füßen. Der Engländer sieht noch genauso smart und frisch aus wie zu seinen besten Tagen mit Pulp in den 90ern.

Dank schlaksigen Bewegungen, akrobatischen Tanzeinlagen und einem köstlichen Sinn für Humor hält sich der Mann aus Sheffield auch noch mit Mitte 40 rühmlich in der Best-Liga des englischen Show-Entertainments. Von Falten im Gesicht keine Spur (checkt die hervorragenden Fotos unseres Hausfotografen Peter Wafzig!), auch wenn diese vielleicht dank seiner überdimensionalen Brille im Verborgenen bleiben.

Der Opener "Fat Children" bleibt mein persönliches Highlight auf dem Solodebüt "Jarvis". Eine explosive R'n'R-Nummer, die beim ersten Hören aus der Reihe fällt. Die weiteren Songs erinnern dann doch eher an die wunderbare Pulp Popmelancholie. Die Britpop-Ära präsentiert uns Mr. Cocker über 60 Minuten lang und zwischendurch gibt es immer wieder was auf die Lachmuskeln. Er scheint sich die Städte, in denen er performt, immer sehr genau anzuschauen und erzählt interessiert, was es zu entdecken gab.

Neugierig werden am diesem Abend die Sehenswürdigkeiten hinterfragt, zum Beispiel warum mitten in Ehrenfeld ein Leuchtturm stehe, was der denn da zu suchen habe. Jarvis sorgt mit teils zynischen Kommentaren für beste Unterhaltung. Zu den einzelnen Stücken gibt es immer wieder die passende Einleitung, so muss er sich bei "From A To I" bei seinen deutschen Zuschauern natürlich extra entschuldigen.

Den kurzen Ausflug in die deutsche Vergangenheit verzeiht man dem Gott des Popsongs gerne - und auch, dass man kein Pulp-Stück zu hören bekommt, was insgeheim jeder im Saal zu hoffen wagte. Nicht nur die neuen Stücke (etwa "Don't Let Him Waste Your Time", "Black Magic", "I Will Kill Again" und das grandiose "Running The World") entschädigen würdevoll für nostalgische Anflüge, sondern auch die großartige Zugabe und abschließende Coverversion "What Goes On" von Velvet Underground.

Dafür schnappte sich der langhaarige Jarvis seine Akustikgitarre und verzauberte bis zur letzten Sekunde. Diesen finalen Höhepunkt verpasste leider so mancher Zuhörer, weil die Enttäuschung, keine Singalong-Hits zu hören, wohl doch zu groß war. Tja.

Die Alterslosigkeit eines Jarvis Cocker ist und bleibt sehenswert. Auch ohne altbewährte Hits zum Mitgrölen. Aber die spielt er ja vielleicht auch mal wieder. Eine Pulp-Reunion-Tour bleibt dieser Tage zumindest nicht ausgeschlossen. Ich persönlich freue mich allerdings schon jetzt auf das nächste Solowerk. "Help The Aged"!

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Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Jarvis Cocker

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