laut.de-Kritik
Exklusiv in Köln: Justin tanzte und griff sich an sein Allerheiligstes.
Review von Jasmin LützDa rauscht der Blätterwald: Justin Timberlake kommt zwei volle Monate vor der Veröffentlichung seines neuen Doppelalbums (!) nach Europa zu einem exklusiven Clubkonzert. Seine Stadtwahl: Köln. Exklusiver ist nur eine Audienz beim Papst.
Dort wären die zielsicheren Griffe an sein Allerheiligstes allerdings nicht besonders angekommen. War das vielleicht der Grund, dass der Einlass für unter 18-Jährige verboten war? Wohl kaum. Zudem verdiente sich Herr Timberlake seinen Applaus durch gängige "I Love You"-Floskeln. Flotte Sprüche bleiben dagegen rar. Auch sein kühles Auftreten während der Zugabe mit Bierflasche und rhythmischer Choreographie (hier hat also Peter Crouch seinen Robodance abgeschaut) wirkt alles andere als schockierend. Aber der Mann kommt nun mal aus den USA, und da wird eben auch ein flotter Griff in Janet Jacksons Busen-Zone skandalträchtig zensiert.
Justins Sex-Appeal sei mal dahin gestellt (gängige Vergleiche mit einem anderen Ex-Teenie-Entertainer verkneift sich die Autorin mal kurz. Kreisch! Ups!). Der US-Sänger spielt in einer anderen Unterhaltungsliga. Das merken auch die 2000 Fans in Köln. Wer sich frühzeitig eines der raren Tickets sichern konnte, der durfte zu Justins Top Ten-Hits "Cry Me A River", "Rock Your Body" oder "Like I Love You" in Ohnmacht fallen, klatschen, schmusen oder die Hüften schwingen. Natürlich präsentiert Timberlake an diesem Abend auch Songs seiner neuen Platte. Die Vorabsingle "Sexy Back" ist jetzt schon ein Online-Hit und auch live bejubeln die Fans die Frischlinge des zweiten Solowerks "Future Sex/Love Sounds" mit großer Begeisterung.
Als Produzent fungierte der große Rick Rubin. R&B und Soul beherrschen die eher gängigen Balladen, wobei seine Stimme meist durch enorm spitze Oktaven die Hirnwände durchbricht. Hip Hop-Beats untermalt Justin gerne mit der eigenen fleischgewordenen Beatmaschine und den Rocker mimt er ebenfalls ehrlich, etwa wenn Nirvanas Teen Spirit-Akkorde mal einen Song durchbrechen. Überhaupt gibt es an diesem Abend überraschende harte Töne im Timberlakeland. Mit E-Gitarre tobt er über die Bühne und zeigt neben seiner Moonwalk-Performance auch griffige Rockerposen, die ihn straight in die Top Ten der internationalen Luftgitarren-Wettbewerbe katapultieren.
Nicht nur der Schritt von Britney Spears zu Cameron Diaz scheint eine positive Weiterentwicklung in der Biographie des Justin Timberlake darzustellen. Die Medienpräsenz sicherte er sich neben Drogen und Beischlaf-Skandalen schließlich vor allem durch sein Erstlingswerk "Justified". Zahlreiche Schönheitsoperationen braucht er nicht, um zu beweisen, dass er einer der wenigen Weißen auf Erden ist, der den ehemaligen King of Pop bestens zu verkörpern weiß. Unterstützung erhält er live von einer beeindruckenden Band, die öfter mal das Ruder in die Hand nimmt. Selber zeigt er sich ebenfalls gerne gefühlvoll am Piano oder eben wichsend an der Gitarre.
Die Show, so viel beweist der gestrige Abend, stiehlt dem Mann so schnell keiner, außer in jenem Moment, als sein Schlagzeuger ein beeindruckendes Solo vom Stapel lässt und anschließend als letzter von der Bühne abtritt. Dennoch, seine Fans lieben ihn. Wachsen mit ihm und schütteln für ihn auch das Haar, wenns drauf ankommt. Mosh Your Body!