laut.de-Kritik
Wann immer der Fünfer auf die Bühne geht, macht er Ernst.
Review von Mathias MöllerDer letzte Abend einer Tour: Die Besuchermasse gibt sich extatisch, einmal noch die Helden sehen -Wer weiß, wann sie das nächste Mal in die Stadt kommen? - die Band gibt alles und ist gut gelaunt. Der Sänger brüllt sich die Stimme aus dem Leib, weil er sie morgen ja nicht mehr braucht, und danach wird noch stundenlang gefeiert.
Alles schön und gut, doch leider haben Kju: in Konstanz ihre Rechnung ohne das Publikum gemacht. Und gleich auch noch das Konzert. Beschämende 25 Zuschauer fanden am Cheap Monday ihren Weg in den Kulturladen, und so konnte sich auch Drummer Peter ein: "Was ist denn hier los?" nicht verkneifen, als er als Erster die Bühne betritt. Der Rest der Band folgt kurz nach ihm und der Lichtmischer fährt erst mal das Licht im Innenraum runter.
Eine Vorband gab es nicht, und so sind die Anwesenden durchaus empfänglich, als das Quintett (live wird Kju: von Gitarrist Micha unterstützt) loslegt. Doch Moment: Ein neues Gesicht sehe ich auf der Bühne. Hinterher stellt sich heraus, dass Basser Putte im Dezember die Band überraschend verlassen hat. Für ihn ist Drummer Peters Kollege und alter Freund Sascha eingesprungen.
Er fügt sich prima ein, bekommt während des Konzerts von Sänger Tobi die Nummer "The Pieces Fit" mit der Anmerkung gewidmet, dass das schon so passe mit ihm. Dass zwischendurch mal der Bass ausfällt, hat dann außer den Jungs auf der Bühne auch keiner gemerkt. An Professionalität mangelt es Kju: allerdings keineswegs: Trotz des enttäuschenden Interesses der Konstanzer Gitarrenmusikfreunde legen die Norddeutschen einen Gig hin, der sich gewaschen hat.
Ob stark nach vorne gelehnt wie mit der aktuellen Quasi-Single "Static" oder dem Klassiker "Burn The Ashes" - den die Combo sich bis fast ganz zum Schluss aufhebt - oder der einfühlsamen Ballade "Apnea", Kju: geben alles. Micha und Sascha posen, was das Zeug hält, Gitarrist Kord rockt eher introvertiert, aber nicht weniger hart, Peter bearbeitet die Felle mit seinem typisch angestrengten Grinsen im Gesicht und Tobi tobt sich aus.
Mal kauert er auf dem Boden, dann schmeißt er wieder alle Gliedmaßen von sich, nur um danach in allerbester Hardcoremanier das Mirkokabel um Arm und Hand gewickelt auf dem Monitor zu knien. Das Publikum bekommt die volle Packung, der Fünfer aus Hannover und Berlin stören sich nicht daran, dass sie heute nicht vor 100 oder mehr Leuten spielen.
Dabei bekommen die Zuhörer, die sich im Raum verteilt haben, nicht einfach gedankenlos einen nach dem anderen auf die Zwölf. Nein, Kju: rocken jederzeit gekonnt, harmonisch, tight und so, dass alle auf ihre Kosten kommen. Der Sound im Kulturladen lässt keine Wünsche offen, was auch die Band nach dem Konzert anmerkt. Zu hören gibts Songs aus bald zehn Jahren Kju:, unter anderem auch die großartige Coverversion des Dramarama-Klassikers "Anything, Anything", auf dessen Erkennen Tobi übrigens üppig Freigetränke auslobt.
So vergeht die Zeit wie im Flug, zwei Zugaben gibts, und dann packen sie ihre Instrumente ein. Sie haben es einfach nicht verdient, vor so wenigen Leuten zu spielen. Zu später Stunde wird der Bandbus dann noch bei der Konstanzer Nachtvesper-Institution Schnitzel-Peter gesichtet. That's Rock'n'Roll Sightseeing!