laut.de-Kritik
Der tosende Beifall schüchterte die Musiker regelrecht ein ...
Review von Giuliano BenassiAuf der Bühne war es fast enger als in den ersten Reihen des ausverkauften Saals: Die sieben anwesenden Mitglieder von Lambchop teilten sich wenige Quadratmeter mit einem Flügel, einem Streichquartett, einem Techniker und seinem Mischpult. "Es war gemütlich, heute Abend", erzählte Sänger Kurt Wagner hinterher. Eine Einschätzung, der die meisten Anwesenden zustimmen dürften.
Nachdem sich die Musiker durch einen Urwald an Kabeln und Instrumenten zu ihren Plätzen geschlängelt hatten, begann die Darstellung mit dem einfühlsamen Liebeslied "The Book I Haven't Read". Das Stück wies die Richtung eines guten Teils des Konzerts: Gewohnt unprätentiös, mit Baseballkappe, Cord-Hemd, Jeans und Arbeiterstiefeln gekleidet, saß Wagner auf einem Stuhl mit einer semiakustischen Gitarre um den Hals und einem Stapel abgenutzter Blätter vor sich. Die Band stand um ihn herum wie die Familienmitglieder eines Patriarchen auf einem Erinnerungsfoto: eher Kulisse als Darsteller.
Wegen des großen Flügels nur von einem Teil des Publikums zu sehen, beeindruckte das polnische Dafo String Quartet durch eine fehlerlose untermalende Begleitung. Da Pedal Steel-Gitarrist Paul Niehaus mit Calexico auf Tour war, bestimmten sie den Ton des Konzerts. Beruhte "Is A Woman" (2002) noch auf die Arbeit Tony Crows, stand sein Klavier diesmal eher im Hintergrund. Gerade bei den Stücken des neuen Albums "Aw C'mon / No You C'mon" (2004) setzten sich die anwesenden vier Gitarren durch.
Dennoch war die Lautstärke so leise, dass man sich selbst in der ersten Reihe problemlos unterhalten konnte. Was jedoch kaum jemand tat; gebannt lauschte das Publikum den Stücken, die bis auf wenige Ausnahmen aus dem neuen Werk stammten. Bei den instrumentalen "Sunrise", "The Lone Official" und "Being Tyler" taten sich vor allem die Gitarristin/Saxophonistin Deanna Varagona und der erst siebzehnjährige Gitarrist William Tyler hervor.
Tosender Beifall verabschiedete die Musiker nach eineinhalb Stunden. Als sie schon fast eingeschüchtert wieder die Bühne betraten, ließen sie die Streicher zunächst zurück und gaben (endlich mal) Gas: "Nothing Adventurous Please" und vor allem das an Lou Reed und Iggy Pop erinnernde "Up With People" brachte das Publikum zum Mitwippen. Mit "Where Or When", das Wagner seiner Ehefrau widmete, gab es dann doch einen ruhigen Abschluss.
Ein leises, dennoch anspruchsvolles Konzert fand so sein Ende. Ihre persönliche Nähe bewiesen die Beteiligten nicht nur auf der Bühne: Bevor sie sich in ihren Tourbus zwängten, teilten sie sich eine Stunde später die Stühle um einen kleinen Tisch in der sich leerenden angeschlossenen Kneipe.