laut.de-Kritik
Begeisternde Greatest Hits-Show von Jamaikas erstem Popstar.
Review von Michael SchuhEr kam noch einmal, der nimmermüde Godfather of Ska, und wie jedesmal schwang leise die Befürchtung mit, es könnte vielleicht das letzte Rendezvous sein. Bei Laurel Aitken herrscht nunmal Legenden-Alarm: Vor einer halben Ewigkeit wurde er zu Jamaikas erstem Popstar, indem er Boogie Woogie mit Calypso kreuzte und damit für volle Tanzhallen sorgte. Das schafft er auch heute noch, nur eben in Europa und als Anführer eines eigenen Musikgenres namens Ska. Mittlerweile ist der Mann stolze 75 und statt mit seiner Frau in die Sonne zu fahren, schwitzt Laurel weiterhin lieber im Scheinwerferlicht. Diesmal in Münchens ausverkauftem Atomic Café.
Eine Vorband gabs - welch Segen - keine, bedenkt man die oftmals überflüssigen Hobbybands, die in solchen Situationen ihre ideenlosen Offbeats ideenlos ins Off schleudern. Dem Happening angemessen gab es stattdessen feinste Jamaica Ska-Grooves vom Band auf die Ohren, die Skatalites und Prince Buster lassen grüßen. Nach einem kurzen Intro seiner Band stolpert schließlich Laurel auf die Bühne: "Bartender" läutet eine 80-minütige Reise in seine facettenreiche Vergangenheit ein, die auch diesmal wieder zur Greatest Hits-Show mutiert.
Sollte sich Aitken nach dieser Tournee tatsächlich fürs Altenteil entscheiden, wäre der Abgang mehr als angemessen. Seine "Pressure Tenants" webten einen mächtig groovenden Rhythmusteppich für den Meister, der dennoch kleine Probleme mit dem Strophe-Refrain-Muster seiner Evergreens offenbarte. Doch wirklich stören tat das niemanden, schließlich zählt bei Laurel seit jeher vor allem die Performance. Und die absolvierte der kleine Mann mit Hut und Lesebrille mit der Professionalität von fünfzig Jahren Showbusiness.
Ob Songs wie "Mad About You", "Boogie In My Bones" oder Publikumsgranaten wie "Sally Brown" und "Skinhead", Aitken schien noch immer Spaß am Rocken zu haben, so verraucht der Club auch sei. Da war die Tatsache, dass Aitken als Zugabe lieber einen Song zweimal spielte als seinen einzigen Charthit "Rudi Got Married" anzustimmen, nur ein kleiner Wermutstropfen. Vor der Leistung dieses Mannes muss man nicht nur des Rentenalters wegen andächtig den Pork Pie-Hut ziehen. Ein Musikbesessener vor dem Herrn, der nun schon die dritte Generation Jugendlicher mit seinen Ska-Perlen begeistert. Danke Laurel, we're mad about you!