laut.de-Kritik
Weniger Druck, mehr Spaß!
Review von Alexander EngelenDie Hip Hop-Gemeinde feiert die Wiederauferstehung der Westküste durch einen ehemaligen Gangbanger aus Compton und ignoriert dabei konsequent jede andere Bewegung, die außerhalb der Hood von Long Beach vonstatten geht. Etwas weiter nördlich haben sich nämlich zwei Urgesteine der Westküste zu einem Team zusammen geschlossen, das es ohne Frage verdient hätte, zumindest ein Zehntel dessen zu verkaufen, was an Games "Documentary" täglich über die Ladentische wandert.
Hinter den Reglern der Likwit Junkies steht DJ Babu, seines Zeichens Plattendreher der Dilated Peoples und Mitglied der Beat Junkies, einer der besten DJ-Crews weltweit. Das Mikrofon gehört Defari, der unterschätzten Legende der Westcoast, unbestreitbar ein Großmeister am Mic. Allen G-Funk-Verfechtern sei jedenfalls gesagt: Die Westküste kann auch ganz anders klingen.
"The L.J.'s" reiht sich in die leider weniger beachtete Tradition von intelligentem und ideenreichem Bay Area-Sound ein, die Künstler wie Jurassic 5, Cali Agents oder Tha Liks geprägt haben. Was das heißt? Der Bass drückt hier weniger als bei Dr. Dre, hat dafür aber hörbar mehr Spaß. Die Texte drehen sich zwar teilweise auch um den leichten Lebensstil, den man sich zwangsläufig im Sonnenstaat Kalifornien aneignet, doch der Horizont dieser Künstler hört eben nicht bei der Größe der Felgen des Lowriders, beim Ende des Kanonenlaufs der eigenen 45er und den lackierten Fußnägeln der barbusigen Gespielin auf.
DJ Babu und Defari decken auf ihrem außergewöhnlichen Debüt die Bandbreite desjenigen Hip Hops ab, der eben nicht zwangsläufig im Club stattfinden muss. Heraus ragen vor allem die unterschiedlichen Instrumentals, die Babu aus seinem Sampler zaubert. Von fröhlich-frisch bis traurig-trist ist alles dabei. Als Sieger nach Punkten geht im direkten Vergleich die erste Single "One Day Away" aus dem Ring. Babu scheint bei der Zusammenarbeit seiner Dilated Peoples mit Kanye West ("This Way") ziemlich genau auf dessen Finger geschaut haben. Ohne Probleme kann sich dieses Kunstwerk aus Streichern und Gitarre mit Beats des Meisters West messen. Defari geht in der Zusammenarbeit mit Babu sogar so sehr auf, dass er eine deutlich bessere Figur macht als bei seinen letzten Solo-Bemühungen.
Im Grunde genommen kann sich die Hip Hop-Gemeinde erst jetzt über die Wiederauferstehung der Westküste freuen. Denn die Likwit Junkies geben ein lang überfälliges Lebenszeichen einer Parallelwelt, die stets versucht hat, sich neben Dre, Snoop und Co. zu behaupten.
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