laut.de-Kritik
Die Amerikaner sind und bleiben eine Macht.
Review von Michael EdeleWenn Machine Head auf dem Plan stehen, dann weiß man als Securitymann im Schlachthof, dass es jede Menge in Sachen Crowdsurfing zu tun gibt. Und wenn im Vorprogramm auch noch Shadows fall, Dragon Force und Trivium die Keulen schwingen, sollte man eigentlich vorsichtshalber den Grubenhelm einpacken.
Mit derlei Erfahrungswerten im Hinterkopf freut man sich geradezu darüber, dieses Mal nur als Fotograf und Journalist im Fotograben zu stehen und sich andere darum kümmern, dass einem keiner im Genick landet. Beim Opener Shadows Fall ist der ausverkaufte Schlachthof zwar schon gut gefüllt, doch im Fotograben kann man es sich noch in aller Ruhe gemütlich machen.
Die Band hat es dagegen schon stressiger, müssen sich Shadows Fall doch zwischen die Bühnenaufbauten ihrer Kollegen quetschen. Dreadlocks-Hüne Brian Fair nutzt den kaum vorhandenen Platz trotzdem so gut wie möglich und versucht aus dem eher bescheidenen Sound und der kurzen Spielzeit das Beste herauszuholen. Was Drummer Jason Bittner hinter seinem Kit leistet, ist jedenfalls der Hammer. Shadows Fall heizen dem Publikum ein und legen den Grundstein, auf den Arch Enemy gerne aufbauen.
Die Mannen um Frontlady Angela Gossow geben von Anfang an Gas, und die zierliche Blondine mit der brutalen Stimme nutzt jede Sekunde der Show, um zu posen, was das Zeug hält. Mit Basser Sharlee D’Angelo haben sie einen Kerl dabei, der wohl nicht nur für die Damenwelt als Hingucker taugt, sondern Coolness ausstrahlt. Und was die beiden Amott-Brüder an den Gitarren fabrizieren, ist schon allein das Eintrittsgeld wert.
Während sich Michael relativ ruhig und konzentriert in seiner Ecke aufhält, macht Christopher gern mal den Michael Schenker. Zu doppelten Gitarrenläufen und abwechselnden Soli trifft man sich dann in der Mitte der Bühne und glänzt durch deutlich besseren Sound und spielerisch gewohnte Brillanz. Auch wenn viele gegen die Arch Enemey-Sängerin stänkern, live ist die jedenfalls nicht zu halten, und zahlreich hochgereckten Fäuste im Publikum geben ihr wohl recht.
Im Abschluss wirds hart – allerdings nicht im musikalischen Sinne. Wer auch immer sich den Spaß erlaubt hat, die Witzfiguren von DragonForce mit auf diese Tour zu packen, sollte gevierteilt werden! Spieltechnisch ist das Multikulti-Quintett durchaus fit. Dass sie eigentlich nur Helloween-Riffs verwenden und wohl auch die ein oder andere Line vom Band kommt, kann man mal durchgehen lassen. Aber irgendjemand sollte diesen Vollspacken von Sam Totman darauf hinweisen, dass er so witzig ist, wie eine Fistel am Arsch.
Und sollte mir Sänger ZP mal über den Weg laufen, ersäuf ich ihn auch im nächsten Gully: Er findet es anscheinend total lustig, mit Wasserflaschen zu werfen, während die Fotografen mit nicht ganz billigem Gerät versuchen, das Gehampel seiner Band vor einer ganzen Batterie an Ventilatoren, auf Bild festzuhalten. Weshalb hat dem eigentlich keiner eine von seinen geworfenen Wasserflaschen zwischen die Augen gesetzt?
Trivium waren bereits im Mai mit einer nicht ganz so rund laufenden Show im Schlachthof zu Gast. Nun, da die Hauptlast nicht auf ihren Schultern ruht, spielen die Jungspunde deutlich relaxter und vor allem im positiven Sinne routinierter auf. Der Sound drückt, die Gesangspassagen sitzen deutlich besser, und auch Probleme mit dem Equipment bleiben dieses Mal glücklicherweise aus.
Matt macht sich inzwischen wirklich gut als Frontmann und seinem strahlenden Lächeln nach zu urteilen, hat er auch selbst richtig Spaß. Nach dem schaurigen DragonForce-Gig haben Trivium auch ein leichtes Spiel mit dem Publikum, das eh zum Großteil mit Textilien des Quartetts bekleidet ist. Matt, Corey und Paolo sind ständig in Bewegung, und ehe man sich versieht, sind die 50 Minuten Spielzeit schon um.
Machine Head bieten für einige Leute im inzwischen proppenvolle Saal mit Sicherheit eine gehörige Überraschung. Neben Fronter Robb und Basser Adam Duce steht nicht Phil Demmel auf der Bühne, sondern Triviums Corey Beaulieu. Das hat einen so einfachen, wie traurigen Grund: Wenige Tage vor dem Gig starb Phils Vater, weswegen der Gitarrist nach dem Gig in Zürich nach Hause flog, um bei seiner Familie zu sein.
Dass der Headliner dennoch die Tour zu Ende bringen, verdient großen Respekt. Was allerdings nicht weniger Respekt verdient, ist die Tatsache, dass sich sowohl Corey, als später auch Matt, Chris Amott und sogar DragonForce-Basser Fred Leclercq (der einzig halbwegs normale Dragon) die zweite Gitarre übernehmen. Dass da nicht immer alles zu hundert Prozent sitzt, versteht sich von selbst. Interessant ist die wechselnde Zusammensetzung dennoch, und alle Beteiligten versuchen das Beste aus der Situation herauszuholen, ohne dass der Spaß verloren geht.
Dass es im Fotograben dennoch weit gesitteter zugeht als noch beim letzten Machine Head-Konzert, mag durchaus am ungewohnten Line-Up liegen. Robb Flynn gelingt es trotzdem problemlos einen Circlepit und sogar eine Wall Of Death zu organisieren. Klar bringt auch er die üblichen Sprüche, die man als Frontmann eben so drauf hat bringt fuckin' fucks als Rob bringt man in Sätzen eh kaum unter. Dennoch legt der Kerl eine Ehrlichkeit an den Tag, die vielen anderen Frontförstern abgeht.
"Descent The Shades Of Nights" widmet er dem verstorbenen Demmel Senior und den Thrasher "Aesthetics Of Hate" drückt er zuvor dem verstorbenen Dimebag Darrell aufs für immer geschlossene Auge. Nach 65 Minuten ist dann viel zu früh Schluss. Doch in Anbetracht der Tatsachen, kann man diese knappe Stunde nur als absolute Glanzleistung bezeichnen. Wer bei der Black Crusade-Tour dabei war, nimmt durchaus eine bleibende Erinnerung mit - trotz oder vielleicht auch wegen DragonForce ...
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