laut.de-Kritik
Egal was sie auf Tonkonserve angestellt haben, live ist diese Band immer noch unschlagbar.
Review von Michael EdeleNachdem Metallica schon im Sommer bei Rock im Park, Rock am Ring, Rock am See und anderen Festivals deutlich gemacht haben, dass sie auf der Bühne noch lange nicht zum alten Eisen gehören, stand es eigentlich außer Frage, dass sie auf ihre Europa-Tour im Winter nur vor ausverkauften Häusern spielen würden. Deswegen hieß es auch "Scheiß Drum-Sound hin oder her, live klingt das ja doch wieder ganz anders!"
Bevor James, Kirk, Lars und Rob jedoch auf die Bretter traten, waren Godsmack aus Boston an der Reihe. Das Quartett um Frontzwerg Sully trat absolut souverän auf und konnte auch vom ersten Ton an sofort beim Publikum punkten. Musikalisch legte es den Schwerpunkt auf die Songs des aktuellen "Faceless" Albums, und wenn Sully nach zwei Songs die Gitarre wieder ablegt, nutzt er die ganze Breite der Bühne aus. Kaum sind wir aber aus dem Fotograben geflogen und unserer Kameras enteignet worden, kommt der echte Knaller: Ein zweites Drumset wird auf die Bühne gefahren (TV Total lässt grüßen), und Sully legt mit Drummer Shannon ein astreines Solo (Duo?) hin, bei dem die Drumsets immer wieder gegeneinander verschoben werden. Klasse Show das, und obwohl Godsmack auch alles andere als unbekannt sind, muss man es Metallica hoch anrechnen, dass der Opener so einen Aufwand fahren darf. Nach einer dreiviertel Stunde ist Schluss, Sully und Co. verlassen unter großem Applaus die Bühne.
Unter strenger Aufsicht werden die Kameras wieder ausgeteilt, umlagert von einem Rudel Security warten wir auf den Headliner. Der lässt sich natürlich etwas mehr Zeit vorgesehen, doch kaum gehen um halb zehn die Lichter in der Halle zum zweiten Mal aus, steht die Halle Kopf. Ennio Morricones "The Good, The Bad And The Ugly" tönt durch die Speaker, und die Fans rasten aus. Doch das Intro verklingt und die Bühne ist immer noch leer. Haben sich die Jungs verlaufen? Nein, nur kommt erst noch eine weitere kurze Einleitung, ehe Metallica mit "Blackened" in die Vollen gehen.
Es folgt der absolute Triumphzug. Hetfield hat die Masse schon im Griff, bevor er überhaupt ans Micro geht, Rob stapft wieder wie ein wütender Neandertaler über die Bühne, Kirk scheint wie immer eher mit sich selbst beschäftigt, und Lars schaut so evil wie ne Tüte Erdnussflips und post, was das Zeug hält. Der Bühnenaufbau mit den zwei Rampen rechts und links ist traditionell, wenngleich man sich fragen muss, ob James als Einziger den Weg hoch und runter kennt, denn bis erst beim viertletzten Song "St. Anger" trauen sich Rob und Kirk auch mal auf die Balustrade.
Die Setlist geht kreuz und quer durch die History der Band, auch wenn auffällt, dass "Load" und "Re-Load" wieder komplett ausgespart werden. Von "St. Anger" kommen insgesamt vier Tracks zum Einsatz, die live durch den besseren Sound deutlich mehr ziehen, aber auch hier ihre Längen offenbaren. Die Jungs scheinen allesamt sehr gut aufgelegt, vor allem Lars ist neben all seinen Posereien heute erstaunlich timingsicher. Von den gesanglichen Ausfällen früherer Tage ist James inzwischen meilenweit entfernt - somit sieht man in der Halle eigentlich nur glückliche Gesichter, und nach den ersten Pyro- und Bombeneinsätzen bei "One" auch die eine oder andere Fönfrisur in den ersten Reihen.
Im Zugabenblock folgen mit "Master Of Puppets" und "Enter Sandman" die beiden zwingend notwendigen Überhits, bevor sich dei Band erneut verabschiedet. Doch so schnell bekommt man die Jungs aus Frisco nicht in die Busse. Plötzlich dröhnt einem beim Rauslaufen die Misfits Schwarte "Die, Die My Darling" um die Ohren, und mit dem Uralt-Schinken "Hit The Lights" drückt das Quartett noch mal richtig fett auf's Gas, bevor es sich endgültig verabschiedet.
Egal was sie auf Tonkonserve angestellt haben, live ist diese Band immer noch unschlagbar. Auch den Humor scheinen sie nicht verloren zu haben, schließlich stellte James seinen Kollegen Kirk bei der Ankündigung der "St. Anger"-Tracks als neuen Rhythmus-Klampfer vor. Kann man wohl so stehen lassen.
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