laut.de-Kritik
Statt sich im Studio auf den Sack zu gehen, geben Metallica lieber Konzerte.
Review von Michaela PutzHaben Metallica aus der Vergangenheit gelernt? Es scheint so. "Some Kind Of Monster" zeigte ja anno dazumal, dass sich gewisse Teile der Band gern gegenseitig übelst auf den Sack gehen, wenn sie zu lange aufeinander hocken. Dass bei so einer miesen Stimmung auch nichts Ordentliches raus kommt, behaupten einige böse Zungen im Hinblick auf "St. Anger".
Wenn Metallica im Jahr 2007 das Studio satt haben, lamentieren sie weder im stillen Kämmerlein, noch schlagen sie sich die Schädel ein. Sie produzieren auch hoffentlich kein Album, über dessen Qualitäten sich streiten lässt. Nein. Sie machen ein öffentliches Spektakel daraus.
Geben ein paar exklusive Konzerte. Lassen ihre Fans Karten ergattern und sich feiern. Nehmen also eine Auszeit vom Studio, die wohl nicht nur die Kreativität, sondern auch die Kohle fließen lässt. Denn dass die Ankündigung ausgewählter Konzerte seitens Metallica einen wahren Zuschauerstrom auslöst, versteht sich von selbst.
So pilgern am Tag des Wiener Gigs schon am Nachmittag die in Metallica-Shirts gehüllten Massen durch die Praterallee, von der man an den Rotundenplatz gelangt. Dort prangt eine riesige Bühne, gemäß der Größe der Band, die sie im Laufe des Abends bespielen wird.
Nicht alle konnten indes Karten ergattern, weshalb sich eine erhebliche Menge an 'Zaungästen' einfindet, die – ausgerüstet mit Dosenbier – am Gatter steht. Von hier aus bietet sich interessanterweise ein guter Blick auf die Bühne. Da auch die Akustik in Ordnung ist, verwundert es nicht, dass sie bis zu Ende des Konzerts nicht von ihren Gratisplätzen weichen und Metallica mitverfolgen.
Bis dahin dauert es jedoch noch. Erst betreten die deutschen Oomph! die Bühne, die für Bullet For My Valentine einspringen. Für mich und meinen Fotografen geht es erst nach deren Auftritt aufs Gelände, da es einige Probleme mit dem Fotopass gibt. Doch rechtzeitig für Heaven And Hell stehen wir bereit.
Die Black Sabbath unter neuem Etikett heizen die Stimmung zwar schon ein wenig auf, doch nach ihrem Auftritt macht sich eine immer stärker werdende Spannung bemerkbar. Etwa gegen neun Uhr betreten Hetfield & Co die Bühne. Um diese Uhrzeit ist das Gelände ziemlich dicht gefüllt und die Anwesenden sind gut gelaunt. Von "Creeping Death" unter dem Publikum ist deshalb keine Rede: Es scheint fraglos am Leben zu sein. Außer Zweifel steht auch, dass Metallica ihren Gig sichtlich genießen. Auch, wenn ein gewisser Teil der Masse anscheinend nur die etwas neueren Nummern kennt, sich bei den älteren Stücken jedoch in Contenance übt.
Auf dem Programm stehen Songs wie "Disposable Heroes", "...And Justice For All" und "Orion", aber auch "Welcome Home (Sanitarium)", "The Memory Remains" und "Master Of Puppets". Fronter Hetfield, dessen Kinnbart übrigens zu einem kleinen Urwald angewachsen ist (möglicherweise hat er doch nicht so ganz mitbekommen, dass er eben nicht im Studio ist, sondern in der Öffentlichkeit steht), lässt es sich nicht nehmen, sich mit dem Publikum zu unterhalten, freudig alle Band-Mitglieder vorzustellen und die Stimmung zu seinen Füßen stetig zu heben. Da ist klar, dass ein schneller Abgang nach "Whiplash" keineswegs akzeptiert wird.
Natürlich lassen sich die vier nicht lange bitten. Mit "Wherever I May Roam" kehren sie auf die Bühnenbretter zurück. Die scheinen sie nach "Nothing Else Matters" beinahe in die Luft zu sprengen, um "One" nicht nur im Songtext einem Kriegsschauplatz gleich zu machen. Mit tosendem Geballer jagen Feuerkugeln über die Bühne, schießt ein imposantes Feuerwerk in die Luft und sprüht ein Funkenregen über das Publikum hinweg. James hat seine Verbrennungen, die er sich bei einer solchen Show einmal zuzog, wohl schon gut weggesteckt.
Nach "Enter Sandman" der erneute Versuch, die Bühne zu verlassen. Hetfield verabschiedet sich mit "Good Night", "Gute Nacht" und "Sayonara", erntet jedoch jeweils nur ein entschiedenes "Noooo". Auch ins Publikum geworfene Plektra helfen nichts. Ohne weitere Zugabe lässt man Metallica nicht gehen.
So springt und singt die Masse nach "Stone Cold Crazy" noch ein letztes Mal zu "Seek And Destroy". Hetfield & seine drei Mitstreiter rennen noch einige Zeit die Bühne auf und ab, scherzen ein wenig und werfen allerhand Utensilien in die Menge. Daraufhin bleibt das Licht auf der Bühne jedoch aus und ein zufrieden wirkendes Publikum zurück.