Details

Mit:
Datum: 27. Oktober 2002
Location: E-Werk
Schanzenstraße 37
51063 Köln
Website: Offizielle Homepage des Veranstaltungsorts
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Zünftiger Nackensport mit dem Mann, der dem Rock sein wahres Gesicht gab.

Review von Martin Mengele

Ein Orkan fegt über Mitteleuropa. "Zuhause bleiben", so die Warnung der örtlichen Polizei. Nett gemeint, aber irgendwie treibt es einen doch hinaus in den Sturm, um sich mal wieder richtig die Matte föhnen zu lassen. Raus zum Nackensport im E-Werk mit Anthrax und Motörhead. Es dauert immer mindestens eine Stunde, bis das ganze Volk seinen Platz im E-Werk eingenommen hat und dieses Mal bieten nur Shithead (sic!) aus Mönchengladbach die einzige Belustigung, als ihr Frontmann die Band vorstellt.

Bestimmungsgemäße Antwort: ein steifes Grölkonzert. "Wir sind die echten Anthrax", betonen lauthals die Metaller aus New York und verwöhnen die wartende Meute mit Happen ihres umfangreichen Repertoires. Auch Stücke wie "Superhero" vom neuen Album "We've Come For You All" werden hier live getestet - übrigens das erste Anthrax-Teil seit fünf Jahren! Bei "Anti Social" verstehen sich Zuhörer und Band wieder wie blind und die Masse grölt "Ähhhn-tiiii-soooh-schal" im Chor. "Die Deutschen halten den Heavy Metal noch hoch", erklärt Gitarrero Scotty Ian, und dies sei auch der Grund, warum Anthrax schon seit 16 Jahren gerne nach Deutschland kämen.

Nach Anthrax füllt sich der Saal um ein Weiteres. Oben auf der Galerie wird es zusehends stickiger und der Schweiß träufelt nur so von der Decke. Rauchschwaden beginnen die Bühne zu umwabern und durch den Nebel schleicht eine langmähnige Gestalt, in der Hand einen fetten Viersaiter. Es kann sich nur um das Rolemodel des Rock handeln, den unerreichten und vielkopierten Lemmy Kilmister. Der Mann, der dem Rock'n'Roll sein wahres Gesicht gab. Spötter straften ihn oft mit Unverständnis. Aber eines muss man diesem fleischgewordenen Rock-Ungetüm lassen: Der Mann hat wirklich Style. Schwarzes Langarmshirt über die Tatoos gekrempelt, schwarze, eng anliegende Schlaghosen und dazu weiße hochhackige Stiefeletten. Da können sich die kuttentragenden Einfallspinsel aus dem Publikum allesamt ein paar Scheibchen abschneiden. Wandelnde Litfasssäulen aus Jeans und Badges sind ultra out - Pimp is in!

"We are Motörhead" gibt er noch schnell auf den Weg und ab dafür mit der gleichnamigen Hymne. Es stellt sich schnell heraus, dass es eigentlich Motörhead sind, die Songs wie "God Save The Queen" von den Sex Pistols ungestraft covern dürfen - und können. Das haben die bei ihrem Repertoire zwar nicht nötig, geben trotzdem eine gute Figur ab. Selbstredend gibt's aber auch neues Material zu hören - sagte ich "neu"? Natürlich kommt da nichts wirklich neues aus dem Motörhead-Headquarter. Wer erwartet das denn schon? Wir wollen doch alle noch einmal diese Band in ihrer alten Form erleben und alles soll so sein, wie 1977. Wer weiß, wie lange das noch möglich ist. Das Trio macht allerdings den Eindruck, als wäre es noch meinen Enkeln vergönnt, mit Motörhead zu moshen.

Einzig das Publikum scheint etwas lahmarschig zu sein. Irgendwie scheint es, als hätten sie den Schlachtruf "Born to loose" ohne den Zusatz "Live to win" verstanden. "Orgasmatron" lässt das Volk auftauen und alle grunzen lemmymäßig "I am the one". Mit "Ramones" darf der obligatorische Nachruf an Joey und Dee Dee Ramone nicht fehlen. "Nothin' Up My Sleeve" und "Killed By Death" sind dann die Trümpfe in der Hand des Trios. In so einem Blatt darf auch das "Ace Of Spades" nicht fehlen. Motörhead sind immer noch dreckig und schnell, kein Zweifel. "Bomber" bringt traditionsgemäß die berühmte Lightshow zum Einsatz. Der Licht-Bomber schwingt gefährlich über die Bühne hinweg und rasiert fast Lemmys Mikroständer ab. Mit dem Aufheulen der Luftschutzsirenen geht schließlich ein unterhaltsames Stück Rock'n'Roll zu Ende und Lemmy und seine Mannen verlassen gefeiert den Saal.

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Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Motörhead

Was zum Teufel ist ein Motörhead? Einerseits handelt es sich um ein amerikanisches Slangword für Amphetamin- oder Speedsüchtige, die die Kontrolle …