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Mit:
Datum: 11. Dezember 2006
Location: Congresshalle B
Stuttgart
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Lemmy und Co. gaben alles - aber die Fans wollten nicht so recht.

Review von Giuliano Benassi

"How we are, ain't how we were", heißt es im ersten Lied von "Kiss Of Death", dem Album zur aktuellen Tour. Zwar kam das Stück beim Auftritt in Stuttgart nicht zum Einsatz, doch die Zeilen beschreiben den Abend recht gut.

In ihrem 31. Lebensjahr geht es Motörhead besser denn je: Die Alben der vergangenen Jahre überzeugen durchwegs, das neueste schaffte es gar in die europäische Top 10. Auf der Bühne geben sie nach wie vor Vollgas und die Veranstaltungsorte werden nicht nur größer, sondern auch voller: Mit über 5000 Zuschauern war das Stuttgarter Congresscentrum ausverkauft.

Es scheint das Publikum zu sein, das nicht mehr so ist wie es einst war. Zwar fliegen in den vordersten Reihen vereinzelt Beine durch die Luft, doch gleich dahinter steht eine Wand an Besserwissern, die ein Rockkonzert mit der Schlange an der Aldikasse verwechseln bzw. ohne Anwendung von Gewalt partout niemanden vorbei lassen wollen. Dazu sind die Sitzplätze der oberen Ränge gnadenlos überfüllt. Wobei ein Sessel bei Motörhead so viel Sinn macht wie ein Stehplatz im Kino.

Wenn die Band ein Problem hat, dann mit der Zuschauerschaft, die offenbar nur schwerlich altert. Zwar wuseln ein paar Knirpse zwischen den Beinen herum, doch die meisten haben die mittleren Jahre erreicht und scheinen eher daran interessiert zu sein, ihr gerade erworbenes Tour-Shirt nicht mit Bier zu bekleckern, als dem Geschehen auf der Bühne die volle Aufmerksamkeit zu schenken.

Was schade ist, denn Lemmy, Mikkey Dee und Phil Campbell geben wie immer alles. "Guten Abend. We are Motörhead. We play Rock'n'Roll", kündigt der Bassist ganz traditionell an, bevor er sich in "Dr. Rock" stürzt. Mit "Stay Clean" und "Killers" versucht er, die Stimmung anzuheizen.

Doch so viel Mühe sich die Band auch gibt – das Publikum reagiert kaum. Das traditionelle "Fuck you" erwidert es nur lustlos, die Ankündigung einer Hommage an Thin Lizzy ("Please Don't Leave Me") reißt auch keinen aus der Lethargie. Dees Solo bei "Sacrifice" begeistert nur die üblichen Schlagzeug-Freunde, erst beim Klassiker "Killed By Death" klingeln die Erinnerungsglocken. Doch da neigt das Konzert schon dem Ende zu.

Bezeichnenderweise erntet das akustische "Whorehouse Blues" als erste Zugabe den größten Beifall. Motörhead nutzen die Gunst der Stunde und legen "Ace Of Spades" und "Overkill" mit Stroboskop-Inferno nach. Der Funke springt aber einfach nicht über. Brav darf sich die Truppe verabschieden, ohne dass jemand nach einer zweiten Zugabe schreit. 90 Minuten Konzert bei erstaunlich niedriger Lautstärke haben viele offenbar überfordert.

Eines steht nach diesem Abend fest: In wenigen Jahren, wenn sich Teile der Anhängerschaft mit dem Rollator zur Biertheke schleppen, werden Lemmy und seine Kumpanen noch immer ordentlich rocken.

Artistinfo

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