Details

Mit:
Datum: 29. November 2002
Location: Gebäude 9
Deutz-Mülheimer-Straße 127-129
51063 Köln
Website: Offizielle Homepage des Veranstaltungsorts
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Rocken mit Bierbäuchen und Geheimratsecken.

Review von Philipp Schiedel

Disco-Punks are coming to town! Wenn zwei der heißesten Erscheinungen der aktuellen Musikszene endlich über den Teich schauen, bleibt das Kölner Stylomat-Publikum natürlich nicht aus. Die emotionsloseste Fabrikhalle der Stadt füllte eine Menge Seitenscheitel, die dem Dancefloor und der zerrissenen Hose gleichzeitig zu frönen gedachten. Und für nicht wenige war dieses Doppel-Pack des so-called "heißen Scheißs" einer der fest ins Auge gefassten Kandidaten für das "Tour des Jahres"-Kästchen in den diesjährigen Magazin-Polls.

The Faint aus Omaha mussten sich zuerst beweisen. Was ihnen keine Probleme bereitete. Trotz kräftigen technischen Problemen des Vocoders, die für minutenlange Pausen zwischen den ersten Songs sorgten, bliesen die Nebresen danach einmal kräftig in den Club - und alle flogen um. Mit einem wuscheligen Keyboarder, der die Sache mit dem Weißen in den Augen ziemlich raus hatte und seine ekstatischen Bewegungen somit entweder mit LSD tränkte oder wirklich psycho ist, knallte The Faint noch eine Spur härter als auf Platte. Sogar eine Noise-Passage erlaubte man sich. Richtig so.

"Glass Danse", "Let The Poison Spill From Your Throat" und das finale "Worked Up So Sexual" standen dem genial roughen Punk-Sound auf Platte nicht eine Sekunde hinterher. Auch optisch gab das was: wenn ein singender Keith Flint-Verschnitt gemeinsam mit einem Death Metal-Hünen ein wahnsinniges Elektro-Shock Cover von Sonic Youths düsterer Schrammel-Hymne "Mote" (die man auf dem Klassiker "Goo" findet) in offenstehende Münder schleudert, war es das wohl mit den Support-Zeiten. Dagegen konnten Radio 4 als eigentlich ebenbürtige Headliner leider nicht so ganz mithalten. Obwohl aus New York und soundtechnisch sicherlich verwandt, sind die höllisch groovenden Helden mit dem Plattenschrank voller Clash-Alben meilenweit von den Lou Reed-Klonen der Stadt entfernt.

Neben dem Überfluss der Generation "Fucked Up" in ihrer Nachbarschaft, sind sie einfach fünf Herren über dreißig in Anzügen, die verdammte junge Musik machen aber schon Bierbäuche und Geheimratsecken haben. Rocken geht heute zum Glück auch erfreulich uncool. Dementsprechend wippt auch die Hüfte durch einen ziemlich kurzen Einblick in ihr neues Werk "Gotham!" und durch winzige Ausflüge in den Erstling. Aber alles etwas getragen und ohne großes Schwing-Feuerwerk. Eigentlich großartige Songs wie "Get Behind The Struggle" ziehen sich ermüdend drucklos in die Länge, und wie bei The Faint kann sich Coolness Cologne auch hier nicht so recht zum Tanzen überzeugen lassen.

Nachdem schon das Saallicht schon aufleuchtete - "Dance To The Underground" war an diesem Abend sicher nicht das Motto - kamen sie nochmal für zwei Songs zurück auf die Bühne. Da hätte aber etwas mehr kommen müssen, um die Labelmates von The Faint nicht als strahlenden Sieger nach Hause gehen zu lassen.

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Artistinfo

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