laut.de-Kritik
Selbst der Led Zeppelin-Fan kam am Ende auf seine Kosten.
Review von Giuliano BenassiIst diese Frau Schuld daran, dass Robert Plant nicht mit Led Zeppelin auf Tour gegangen ist? Das war wohl der Gedanke, der vielen Zuschauern durch den Kopf spukte. Stetson-Hüte oder Cowboystiefel waren im Vorfeld jedenfalls keine zu sehen, eher Led Zep-und Plant-T-Shirts. Und eines von AC/DC, dessen Halter aber spätestens beim Ertönen der ersten Klänge bemerkt haben muss, dass er sich bei der falschen Veranstaltung befand.
Noch vor Sonnenuntergang begann der Auftritt mit "Rich Woman", dem ersten Lied der gemeinsamen Platte "Raising Sand". Alison Krauss mit vollem blonden Haar und buntem Abendkleid auf der linken Seite, Plant mit vollem blonden Haar, Ziegenbart, Jeans, Rüschenhemd und schwarzer Weste auf der rechten. Hinter ihnen die Band: In der Ecke der Schlagzeuger, neben ihm ein Kontrabassist und zwei Gitarristen, vor ihm Produzent T-Bone Burnett, der mit einem altmodischen Südstaaten-Anzug die Rolle Blixa Bargelds bei den Bad Seeds einnahm: Gitarre an der Hüfte, nicht viel zu tun, dabei aber saucool wirken.
Wie bei einem Auftritt Nick Caves reichten wenige Takte, um das Publikum in den Bann zu ziehen. Auf ein Traditional folgte die erste große Überraschung des Abends: "Black Dog". Dabei handelte es sich nicht um eine Unplugged-Version des Led Zeppelin-Krachers, sondern um eine Neuinterpretation, die sich von der Stimmung her am ruhigen Opener orientierte. Plant und Krauss schienen sich mit ihren Stimmen gegenseitig zu bezaubern und becircten die Zuschauer gleich mit.
Die Country-Sängerin Krauss meisterte bravourös auch rockigere und lautere Passagen, der notorische Selbstdarsteller Plant hielt sich zurück und teilte das Scheinwerferlicht mit seiner Gesangspartnerin. Kein Konkurrenzkampf, sondern harmonisches Zusammensein, was immer wieder für erhabene Momente sorgte. Etwa, als Krauss "Down To The River To Pray", einer ihrer Beiträge aus dem Streifen "O Brother, Where Art Though", a capella vortrug, und Plant mit zwei weiteren Männern im Hintergrund sang. Gleich im Anschluss eines der schönsten Stücke des gemeinsamen Albums, "Killing The Blues".
Alles passte an diesem Abend: Die entspannte Stimmung bei den Musizierenden und beim Publikum in der so gut wie ausverkauften Halle, die Klangqualität, das einfache aber wirkungsvolle theatralische Bühnenbild mit einer Lichtshow, die unaufgeregt auf Grundfarben setzte. Selbst der Led Zeppelin-Fan, der in den Pausen zwischen den Stücken mehrmals "Rock'n'Roll" verlangte und sich einen sarkastischen Kommentar von Plant einfing ("Thank you for coming"), kam gegen Ende auf seine Kosten, als nämlich der gezupfte Anfang von "Battle Of Evermore" erklang. Die Version orientierte sich stark am Original, war aber dank der zwei Stimmen und der Qualität des Sounds noch viel eindrucksvoller als im Studio.
Was auch für die gemeinsamen Stücke galt. Ein golden glitzernder Vorhang kündigte den Beginn des Endes an. Nach "Gone Gone Gone (Done Moved On") und begeistertem Klatschen war nach "Long Journey" Schluss – oder fast. Denn die Musik aus dem Abspann wurde nach wenigen Takten jäh unterbrochen, die Band kam zurück und lieferte "When The Levee Breaks" ab. Der gelungene Abschluss von zwei Stunden Gänsehaut.
Ob es zu einer Led Zeppelin-Tour kommt, stand unmittelbar nach dem Konzert nicht fest. Sicher ist, dass Plant und Krauss einen sensationellen Auftritt abgeliefert haben. Und dass sich "Battle Of Evermore" sowie "When The Levee Breaks" aus dem legendären Album "IV" nie mehr so gut anhören werden.