laut.de-Kritik
Dieser R'n'R ist einfach nicht tot zu kriegen.
Review von Oliver LambrechtSchick sehen sie aus, die Bishops-Zwillinge, als sie die Bühne des Konstanzer Kulturladen betreten. Wie aus dem Ei gepellt. Einzig Drummer Chris, im nicht minder schicken sträflingsgestreiften Oberteil, verzichtet auf den feinen Anzug. Ein wenig Armfreiheit muss schon sein. Das Publikum sammelt sich derweil mit gebührendem Abstand vor der Bühne, während Mike und Pete die Saiteninstrumente anlegen und mit "Higher Now" den Abend eröffnen.
Ein kleines Warm-up wäre für alle Beteiligten sicher von Vorteil gewesen, denn es dauert ein Weile, ehe verschüchterte Wippbewegungen zu großen R'n'R-Gesten geraten. Sowohl seitens der Band als auch im Zuschauerraum. Jedoch hat das Trio bereits einige hundert Konzerte auf dem Buckel, und es lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil. Mit jedem Lied gewinnen die Bishops an Sicherheit und drehen ein wenig mehr auf, was das Publikum mit Euphorie honoriert. Mit Dauer des Konzerts gerät in Vergessenheit, dass das selbstbetitelte erste Album hierzulande erst noch erscheint. Internet und Import sei Dank stimmen stetig mehr unbeirrt in den Gesang der Brüder ein.
Bis zur ersten Single "I Can't Stand It Anymore" lässt sich die Band allerdings aufreizend viel Zeit. Das Konzert atmet den Zeitgeist der 60er, zumindest so, wie ihn sich die Anwesenden vorstellen. Allenfalls die Eltern erlebten diese Jahre tatsächlich mit, befinden sich aber nicht im
halbvollen Raum. Das wilde Leben fordert wohl seinen Tribut, und diesen müssen auch Musikfreunde zahlen. Aber nicht an Abenden wie diesem. Nun huldigen alle den Beatles, The Who, Kinks und Konsorten. Dieser R'n'R ist einfach nicht tot zu kriegen.
Mike Bishop, seines Zeichens Rampensau an der Gitarre, verlässt im Laufe des Abends immer häufiger seinen Platz am Mikro und setzt zu großen Rock-Posen am Bühnenrand an. Prompt erntet er schrille Schreie der entrückten Entzückung. Bruder Pete gibt sich wesentlich zurückhaltender, zupft an seinem Bass und glänzt durch Wortkargheit. Allerdings gehen sämtliche Ansagen in Richtung Publikum im Dialekt-Kauderwelsch unter. Aber die Versuche werden honoriert und jedes Lied abgefeiert. Nach einer Stunde gehen die drei adretten Herren erstmals von der Bühne, kehren aber für vier weitere Songs zurück. Doch auch das genügt den nun ausgelassenen Konstanzern nicht, so dass die Bischöfe eine weitere Weihe erteilen. Dann fällt der imaginäre Vorhang endgültig.
Kaum zu glauben, dass drei Jungs in den frühen Zwanzigern die volle 60er-Breitseite auch auf der Bühne fabelhaft umsetzen können. Kaum auszudenken, was noch alles passieren kann. Noch, denn die Zeit spielt für die Bishops.