laut.de-Kritik
Keine Ansagen, kein Soundcheck, dafür reichlich Motzigel-Rock.
Review von Jasmin LützDie Lebenshymnen des Jochen Distelmeyer vom Vorabend im Bürgerhaus Stollwerck berauschen noch Stunden später meine beschwipste Seele. Über zwei Stunden wunderbare Melodien, die einen niemals aufgeben lassen. (Ja, meine lieben LAUT-Redakteure, da habt ihr was verpasst. Das nächste Mal solltet ihr Fucks euch den Jochen auch mal reinziehen und ich wette, ihr werdet ihn danach genauso lieben wie ich!) - (Gähn, Anm. d. Red.)
Fast 24 Stunden später: andere Lieblingsband, anderer Hintergrund und eher in verrotztem Ambiente. Die etwas anderen Hymnen aus Manchester im Gebäude 9 zu Köln. Sorry, Mr. Smith, aber Mr. Blumfeld aus Hamburg erhält einige Sexpunkte mehr und "Ich bin eene Kölsche Jung" hätte ich auch mal gerne in einer Fall-Version gehört. Aber den Clown hatte wohl nur Jochen gefrühstückt. Unglaublich, aber Distelmeyer hatte die Pappnase auf! Bei Mark E. Smith war die Stimmung dagegen wie immer dezent. Allerdings kam es diesmal zu keinen unangenehmen Zwischenfällen, zumindest habe ich nichts Negatives gehört oder gesehen. Selbstverständlich kam der englische Motzigel nicht zum Soundcheck. Warum auch? Seinen legendären Nuschelgesang bekommt er auch so hin. Er bereitete sich lieber im Hotelzimmer fröhlich auf den Auftritt vor. Richtig so.
Ansonsten keine besonderen Vorkommnisse. Keine Prügelei, keine bösen Sprüche, kein exzessiver Skandal! Was ist denn nur mit Smith los? Das Publikum, diesmal im modischen Schwarz gekleidet und teilweise doch eher unangenehm auffallend, störte durch triefende Gierblicke oder ekstatischen Ausdruckstänzen, was ein ständiges Anrempeln zur Folge hatte. Wenn sie wenigstens gepogt hätten! Da mutierte ja schon fast ich zum Prügelmark. Ach genau, die Band. The Fall waren gut drauf. Ein ewig grinsender Gitarrist, der ab und zu etwas unsicher Richtung Boss schielte, ansonsten die Saiten mächtig in Bewegung brachte. Die einzige Dame, Eli an den Keyboards und für den Backgesang zuständig, schaute zwar düster, aber wirkte durchaus souverän und frischte die Bühnenoptik ein wenig auf. Mr. Smith betrat natürlich als Letzter (last but not least) die Bühne, verließ sie gelegentlich, um die Kehle zu erfrischen und wirkte ansonsten gewohnt teilnahmslos und in seine Gesangeskunst vertieft.
Einige Hits mehr hatte ich mir an diesem Abend schon versprochen. Dennoch: Herr Smith nölte verzückt in zwei bis drei Mikros und meine Lieblingshymnen, das alte "Mr. Pharmacist" und "Theme From Sparta F.C." von der aktuellen Platte "Country On The Click", sorgten für Tinitus kompatiblen Ohrgenuss. Ein Instrument spielt der Mann ja nicht, dafür sind seine Fummeleien an fremden Geräten berühmt. An diesem Abend musste seine Frau Eli die Finger ihres Mannes am Tasteninstrument ertragen. Hörte sich aber gar nicht mal so schlecht an ... "Green Eyed Loco Man" ist der neue Klassiker und lockt sowohl alte, als auch die kleine Menge an neuen Fall-Fans in die vorderste Reihe. Ansagen macht Smith natürlich nicht.
Manchmal sieht er so aus, als wollte er seiner treuen Zuschauergemeinde was Nettes ins Ohr flüstern, aber das wird man wohl nicht mehr erleben. Ups, sehe ich da zwischendurch etwa ein Lächeln auf Mark E.'s ergrautem Gesicht? Man weiß es nicht, vielleicht freut er sich über die zahlreichen Jubelschreie, vielleicht sieht er aber auch nur das nächste Getränk vor sich stehen? Solange er keine Flaschen auf Köpfen zerdeppert ist mir das auch egal. Hauptsache er rockt und das tut er immer noch! Mit einer so gut harmonierenden Band (hoffentlich dürfen die jetzt mal länger bleiben) und einem so frischen Album freue ich mich auf die nächsten 25 Jahre The Fall!
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