laut.de-Kritik
Vier Fäuste für ein Halleluja, ein Finger für jeden anwesenden Fan.
Review von Michael EdeleEinmal mehr durfte man vergangen Freitagabend Zeuge werden, wie man kleinere Bands und auch Clubs nachhaltig schädigt, kaputt macht – oder schlicht und ergreifend ignoriert. Unter dem Banner 'Vier Fäuste für ein Halleluja' lief die Tour, und ungefähr genauso viele Fäuste wurden im Frankfurter Club Die Halle auch hochgehalten. Selbst Kollege Schuh dürfte mehr Haare am Sack haben, als Leute vor Ort waren, denn mehr als 30 Nasen haben sich für Übergas, Grantig und Tieflader nicht aus den Haus gewagt.
Enttäuschend, die Besucherzahl. Dennoch machen alle Bands das Beste aus der Situation und so gehen Grantig gegen neun schließlich als erste Band auf die Bühne. Die Jungs aus München stellen auf der Tour zum ersten Mal ihren neuen Sänger Vinzenz Schmid vor. Der ist tatsächlich der Bruder von Gitarrist Jonathan, der sich fortan nur noch auf die Gitarre und Backing Vocals konzentrieren will. Ob das so eine gute Idee ist, muss sich erst noch zeigen, denn Vinzenz ist auf der Bühne noch viel zu zurückhaltend und sucht nicht den Kontakt zum spärlichen Publikum.
Nach kurzer Umbaupause gehen Übergas auf die Bühne und schon sieht die Sache ganz anders aus. Im Publikum stehen schon ein paar Leute mit Shirts der Band, welche sie wohl von der letzten Tour mit Wirtz haben. Aber die Hamburger legen auch direkt los wie die Feuerwehr, und Sänger Krispin aka 'Let's Go' macht von Anfang an Stimmung und steht keine Sekunde lang still. Die Rhythmussektion aus H-Blockx-Basser Gudze und Drummer Garry Sullivan groovt so tight, dass einem die Plomben ausfallen, entsprechend kommt Stimmung auf. Auch wenn Gudze mal mitten im Song den Bass wechseln muss, singt er trotzdem die Backing Vocals mit und ist auf die Sekunde genau zum Gitarrensolo wieder mit dabei. So was nennt man routiniert.
Da alle Bands nur eine knappe dreiviertel Stunde spielen, stehen gegen elf bereits Tieflader auf der Bühne und legen gleich mal mit "Hier Kommt Der Hammer" los. Die neuen Songs machen live noch mal ne Spur mehr her als auf dem Album. War es bei Übergas nur die Rhythmussektion, die gegroovt hat wie Sau, so kommt bei Tieflader auch noch Gitarrist Alex (Tarja, Farmer Boys) dazu. Die Riffs sind dermaßen fett, dass die Füße automatisch mitgehen und die Nackenmuskulatur ganz automatisch strapaziert wird. Auch Shouter Patrick macht als Fronter richtig was her, versteckt sich zwar zunächst ein wenig unter seiner Kappe, aber feuert die Leute vor Ort auch richtig an.
In Frankfurt eine Nummer wie "Stuttgart" zu spielen, ist zwar ein wenig gewagt, aber als Exil-Schwabe wäre dem Quartett meine Unterstützung bei aufkommenden Tumulten jederzeit sicher gewesen. Die bleiben natürlich aus, dazu ist die Stimmung viel zu gut. Selbst, als nach dem Gig einer der Anwesenden ohne zu fragen nach Alex' Klampfe greift, um darauf seine mehr als bescheidenen Kenntnisse zu demonstrieren, haut ihn der Gitarrist nicht aus dem Hemd, sondern macht ihm in aller Ruhe klar, dass so was einfach nicht drin ist. Bei ein paar abschließenden Bierchen sitzen Bands und Publikum noch gemeinsam beisammen, ehe es am nächsten Tag gen München geht, wo hoffentlich mehr los war.