laut.de-Kritik
Ein Reigen aus Elegie und Verzweiflung.
Review von Julia DörflerKein Einzelfall: Ursprünglich Herzensangelegenheit, verwildert Musik nicht selten zum Antidepressivum für die fragilen Charaktere ihrer Schöpfer. Ein zweifelsohne fruchtbarer Boden, dem auch Two Gallants entspringen. Im Zuge ihres selbstbetitelten dritten Albums sind sie für sieben Shows in Deutschland zu bestaunen.
Mit "Despite What You’ve Been Told" eröffnen die zwei langjährigen Freunde ihren Auftritt. Von nun an verblast nach und nach jegliche Gedankenklarheit. Übrig bleibt ein Delirium, in dessen Sog sich alles ausschließlich um Bilder der Trauer, Hoffnungslosigkeit und herzzerreißenden Schönheit dreht. Die erste Hälfte des Konzerts zeichnet sich zunächst noch durch schnellere Songs mit gelegentlichen Ausbrüchen wie "Fail Hard To Regain" oder "Long Summer Day" aus.
Zu fortgeschrittener Stunde flüchtet sich das Duo ausschließlich in die geflüsterte Kraftlosigkeit Stevens. Zwischen Traum und Realität treffen die Geschichten von Adam Stevens Stimme direkt ins Herz. Sein Vortrag gerät so intensiv und authentisch, dass er auch in den folgenden achtzig Minuten nicht mehr loslässt.
Desorientiert bewegt sich das überschaubare Publikum zu den verzweifelten Klängen. Two Gallants' Mischung aus Country und Folk lockt auch Dylan-Fans der ersten Generation an und zieht den Altersdurchschnitt der Zuhörerschaft zweifellos nach oben. Der zerbrechliche Gesang des 25-Jährigen sowie die defätistischen Lyrics erinnern nicht von ungefähr an Labelkollegen Conor Oberst.
Tyson Vogel durchlebt und -fiebert parallel zu seinem Kindergartenkumpel jede Bühnenminute, als wäre es die letzte, wirft sich wie besessen über seine Trommeln. Während er manisch auf die Felle eindrischt, bedient er mit großer Dringlichkeit die zweite Stimme. Voller Energie und zu Tode erschöpft - das Duo scheint beides zugleich zu sein. Erst kurz vor Ende des Konzerts sprechen sie ein Wort, begrüßen die Zuschauer und bedanken sich für das Erscheinen. Bis sich das Publikum bei "Fly Low Carrion Crow" schließlich genügsam in den Armen liegt und ein Schauer von Elegien langsam in die Nacht ausklingt.