4. Oktober 2017

"Wir waren nie Indie!"

Interview geführt von

Auf der Karte stehen Sauerbraten mit Preiselbeeren, ordentliche Schnitzel, Schweinshaxen, dazu Münchner Bier vom Fass: Bands haben sich schon schlechtere Orte ausgesucht, um einen Promo-Marathon hinter sich zu bringen. Willkommen bei Wanda.

Keine Frage: Wanda wissen, was sie tun. Die Österreicher sind eben marathonerfahren, veröffentlichen sie mit "Niente" doch bereits das dritte Album in weniger als drei Jahren. Wer so viel rackert, der darf selbstredend auch Sitzfleisch beweisen, weshalb man Sänger Marco Michael Wanda und Gitarrist Manuel Poppe nun heute im Raucherzimmer eines Wirtshauses in Berlin antrifft.

Entsprechend ausgelassen sitzen die beiden Wandas sehr gut auf der schweren, eichenen Eckbank, von hinten scheint etwas Tageslicht durch die vergilbten Glasfenster. Egal, wer diesen Raum betritt: Man ist gut beraten, schon zwei, drei leere Biergläser mit in die Runde zu bringen. Ansonsten könnte man sich leicht so fühlen, als käme man erst auf die Party, während alle anderen schon Spaß haben.

Das herzliche Lächeln Marcos und der warme Handschlag Manuels verleihen dem Raum eine kumpelhafte Atmosphäre. So, als wollten sie gerade zum ersten Takt von "Bologna" ansetzen. Es ist klar: "Amore" lautet noch immer die Parole der Stunde. Über 100.000 Facebook-Fans können sich halt doch nicht irren.

"Niente" ist euer drittes Album. Aber zum ersten Mal hattet ihr zwei Jahre Zeit zwischen zwei Platten. Fühlt es sich deshalb spannender an, auf den kommenden Release hinzuarbeiten?

Marco: Unsere Karriere kann man als gleichmäßig vibrierende Meeresdecke beschreiben. Mal hebt sich eine Welle und trägt bestimmte Eindrücke empor (lacht), und mal senkt sie sich und wir kriechen alle darnieder und sind fertig und depressiv und dann erheben wir uns wieder. So wird das hoffentlich immer weitergehen.

Manuel: Die Wochen vor der Veröffentlichung sind immer so, wie wenn man als Kind aufs Christkind oder den Weihnachtsmann wartet. Nur vielleicht so wie Ostern, Weihnachten und Geburtstag zusammen. Wir freuen uns schon sehr, wenn er endlich raus ist, der Scheiß! (lacht)

Marco: Und der Mönch in einem will halt irgendwie, dass es zum Kanon der Gesellschaft natürlich etwas Positives beiträgt, ist eh klar. Der Bühnenfloh will alle anderen Bands arbeitslos machen und wochenlang auf Nummer eins bleiben.

Ihr habt zwischen den Platten unglaublich viele Konzerte gespielt – was man ja wohl in eurer Rolle auch irgendwie tun muss. Hattet ihr trotzdem mal Zeit zu reflektieren, dass ihr in den letzten zwei, drei Jahren vielleicht zur angesagtesten Band im deutschsprachigen Raum geworden seid?

Manuel: Diesen Gedanken vermeiden wir eigentlich. Also nicht bewusst, aber der kommt nicht wirklich auf. Dieser reflexive, analytische Rückblick. Aber im letzten halben oder dreiviertel Jahr hatten wir eigentlich relativ viel Freizeit. Das Album wurde in zwei Wochen eingespielt und dann gab es noch eine Tour und dann sieben Festivals im Sommer. Und dazwischen war halt Freizeit.

Marco: Wir sehen uns auch nicht in einem zwanghaften Moment, weil wir das nicht tun müssen, sondern es tun wollen. Also natürlich müssen wir es auch, das sagt zumindest der Anwalt. Aber der freie Mensch will das tun. Um jeden Preis. Denn wir haben so viel dafür aufgegeben.

Manuel: Die Entlastung oder der Entspannungsmoment kommt dann eher, wenn wir unseren Job machen. Wen wir das tun, was zum Glück unser Job sein darf.

Marco: Du bist dann in einem ständigen Hab-Acht-Modus. Du bist wie der Pförtner. Du sitzt und liegst eigentlich, wenn du nicht gerade das machst. Und wartest darauf, dass es wieder losgeht, sammelst Kraft. Und wenn wir reflektieren, dann nur auf wohlige Weise, um sich in seiner Erinnerung zu schmiegen.

Manuel: Um Ruhe zu finden, aber nicht um Lösungen zu suchen.

Marco: Wenn man in einem stressigen Beruf wie dem unseren ist, mit sehr vielen Ups and Downs - you know what I'm talking about (lacht) – dann darf man nie das Schlechte sehen. Das ist eine ganz eigene Kunst für sich, die natürlich weit über das Berufsbild hinausgeht. Aber das ist einfach der Trick.

Also nervt euch nicht schon die Vorstellung, dass euch draußen vor diesem Wirtshaus gleich ein paar Leute nach einem Selfie fragen?

Marco: Wir haben damit eigentlich noch keine unangenehmen Erfahrungen gemacht. Das liegt daran, dass wir mehr die Lieblingsband von ein paar Menschen sind, als dass wir jetzt irgendwelche Popstars wären.

Manuel: Einmal ist ein Mädchen vor mir auf der Straße zusammengebrochen, als es mich erkannt hat. Ich habe sie dann wieder aufgestellt und hab sie gefragt, ob sie mir ihr Handy geben kann, damit wir ein Selfie machen können. Das war urschön. (lacht)

Marco: Ich habe so pro forma immer wenn ich ausgehe ein großes leeres Wasserglas unterm Tisch stehen, dass wenn mir ein Fan einen Schnaps bestellt, ich ihm zuprosten und das Ding während er trinkt in das Wasserglas schütten kann. Ich hatte schon Abende, wo da locker so 12cl drin waren! (zu Manuel:) Das habe ich dir auch noch nicht erzählt, oder? Jetzt erhältst du auch mal einen kleinen Einblick in mein Leben.

Bisher wurdet ihr ja auch gerne mal anders dargestellt: Ihr seid die Band, die immer einen mittrinkt. Aber das ist demnach eher eine Legende.

Manuel: Die Leute versuchen damit doch nur, ihren eigenen Alkoholismus zu kaschieren, indem sie ihn uns anhängen. (lacht)

Also der Musikjournalismus zum Beispiel?

Marco: Wenn ich hierzu jetzt nicht noch was sagen würde, wäre natürlich mein Ehrgefühl als Trinker verletzt. Natürlich trinke ich auch hin und wieder real mit jemandem einen Schnaps, keine Sorge!

Manuel: Mein Opa hat immer gesagt: "Alle Tag bsoffn is auch regelmäßig glebt."

Marco: Du kannst dir ja vorstellen, was aus einem wird, wenn man so sozialisiert wird: Entweder die größte Rockband aller Zeiten oder halt für'n Oasch. (beide lachen)

Entweder ganz oben oder ganz unten. Ihr habt dann wohl den richtigen Weg erwischt. Außerdem ist es schön zu sehen, dass ihr hier gerade großen Spaß habt, obwohl ihr das heute schon acht Stunden macht. Und eure Antworten klingen ja fast einstudiert.

Manuel: Das ginge ja gar nicht anders.

Marco: Außenwirkungen – geil!

Marco, du hast mal gesagt, was euch bei eurem Werdegang sehr geholfen hätte, sei das Nichtvorhandensein einer Industrie in Österreich gewesen. So hättet ihr mehr Raum für Experimente gehabt und konntet euch als Band finden. "Niente" ist jetzt eure zweite Major-Platte und die erste, bei dem Universal am ganzen Entstehungsprozess beteiligt war. Inwiefern hattet ihr auch dieses Mal das Gefühl, großen Spielraum für Experimente zu genießen?

Marco: Grundsätzlich sehen wir jede musikalische, künstlerische oder auch menschliche Tätigkeit als ein Experiment an. Von daher weißt eh. Und wir tun nichts anderes, als Material zu sammeln. Eigentlich erstellen wir einen Kunst-Katalog, eine Sammlung an Arbeiten, vielleicht wie bei einem Handwerker. Dann entscheiden wir, welches Material wir veröffentlichen. Dann wird es interpretiert, das ist schön und soll auch so sein. Aber mehr tun wir nicht. Eine Entwicklung in unserer eigenen Musik ist dann vielleicht mit einer neuen Platte nach außen hin spürbar, aber du kannst dir sicher sein, dass wir ständig innerlich am Arbeiten sind.

Es gab also keinen Punkt im Laufe der Aufnahmen, an denen ihr direkten Druck vom Label gespürt habt? Es gibt ja Erwartungshaltungen. Ein Stück weit kommen diese Ambitionen ja auch euch als Band zugute.

Marco: Jetzt sage ich dir was Persönliches, das du aber nicht ausnutzen darfst. (lacht) Ich spüre überhaupt keinen Druck: Weder von der Industrie, noch von der Öffentlichkeit, noch von meinen geliebten Bandmitgliedern, noch von mir selbst. Ich habe von meinem Vater eine Verarmungsangst geerbt, das ist alles. Das treibt mich um. Ich möchte einfach leben und weiterleben können. Das gleiche möchte ich auch für meine Freunde und Bandmitglieder. Allein dafür kämpfe ich.

Das ist ja ein vollkommen legitimer Wunsch. Dafür ist ja auch dieser Musikverwertungskontext, in dem ihr euch jetzt bewegt – also raus aus dieser Indie-Blase – irgendwie gemacht.

Marco: Aber wir waren ja nie Indie! Wir sind eine Rock'n'Roll-Band mit Welteroberungsanspruch. (lacht)

Naja, euer früheres Label Problembär Records kann man schon zu den Indies zählen, oder?

Marco: Aber die wollten auch schon immer die Welt erobern. Deswegen haben wir uns ja gefunden. Da haben sich die einzigen Spinner in Wien gefunden, die wirklich geglaubt haben, sie könnten quasi etwas zum kulturellen Kanon beitragen. Eigentlich eine völlig vermessene Vorstellung. Gerade in einer Zeit, in der sich Medien, Radios und die restliche Öffentlichkeit überhaupt nicht für die Wiener Szene interessiert haben.

"Wir sind auf dem besten Weg, dass uns keiner mehr spielt"

Habt ihr also im übertragenen Sinn das eher alternativ geprägte Wiener Radio FM4 immer nur als Dosenöffner für das Formatprogramm von Ö3 betrachtet?

Marco: Das ist natürlich die Frage. Mittlerweile stecken wir da natürlich in so einem Zwiespalt zwischen diesen beiden Institutionen. Spielen dich die einen, dann spielen dich die anderen nicht. Und wenn beide glauben, der jeweils andere spielt dich, dann spielt dich am Ende keiner. Und wir sind auf dem besten Weg, dass uns einfach keiner mehr spielt. Was aber auch kein Problem ist, denn früher hat uns ja auch keiner gespielt. Wir haben die Power der Mundpropaganda auf unserer Seite: Wir sind eine fucking Rockband, die Leute reden über uns und das wird sich nie ändern.

Da hast du dich jetzt ganz gut um meine eingangs gestellte Frage herumgedrückt!

Marco: Unterstell mir hier nicht eine höhere kognitive Leistung, als ich habe. Vor allem jetzt nicht mehr.

Die kognitive Leistung steigt ja unter Alkoholeinfluss eigentlich, nur der Kreislauf macht dann halt irgendwann schlapp. Habe ich mal gehört.

Marco: Ein guter Trinker trinkt nicht, um zugrunde zu gehen, sondern um inspiriert zu sein.

So viel sagt zumindest die Rock'n'Roll-Geschichte dazu.

Marco: Das ist vermutlich eher die Perspektive eines Schriftstellers, der seinen Alkoholkonsum durch diese Aussage verschleiern will. Ich glaube, die echten Rocker präsentieren ihre Kaputtheit auch ganz gerne.

Diese Seite der Medaille kenne ich leider nicht.

Marco: Hast du nie in einer Rockband gespielt?

Momentan spiele ich sogar in einer Band. Aber wir werden eure Sphären vermutlich nie erreichen.

Marco: Du wärst nicht der erste Musiker, der vorher Musikjournalist war. Und auch nicht der erste Plattenboss und so weiter.

Zunächst ziehe ich jedenfalls die Rolle des prekären Musikjournalisten vor und in dieser habe ich auch euer neues Album gehört. Und dabei ist mir bezogen auf die Texte aufgefallen, dass sie grundsätzlich weniger abstrakt und assoziativ klingen als bisher. Gerade der Opener "Weiter, Weiter" fällt mit der Tür ins Haus, was Direktheit angeht. Dieser Trend zieht sich für mich aber durch fast alle Songs. Würdest du sagen, Marco, dass du auf "Niente" einen Paradigmenwechsel eingeleitet hast, was das Texten angeht?

Marco: Es ist eigentlich klar, aber ich muss es trotzdem immer wieder sagen, fast wie ein Gewerkschafter: Was ich schreibe, das interpretiere ich ja selber nicht. Das wird immer nur interpretiert. Deshalb kann ich das, was du gesagt hast, einfach nur als Anstoß nehmen. Und höre kurz in mich hinein, ob das irgendwas in Gang setzt, aber es passiert irgendwie nichts. (lacht) Gerade was meine Texte betrifft bin ich ein Opfer meiner Lyrik. Das habe ich nicht im Griff.

Nach "Bologna" habe ich euch eigentlich auf eine bestimmte Art als politische Band verstanden. Gerade die Sache, wie ihr mit der Cousinen-Sex-Sache hier und da Aufruhr verbreitet habt, hat gezeigt, dass die Gesellschaft bei bestimmten Tabus noch reichlich Gesprächsbedarf hat. Damit hängt ja auch euer gesamtes Image – das des unverblümten, aber massentauglichen Exzesses – irgendwie zusammen. Das neue Album transportiert für mich diese Faktoren eher nicht mehr. Man könnte auch sagen: Ihr lasst Provokationen dieser Art aus.

Marco: Als provokant habe ich keine unserer Arbeiten je empfunden. Im Gegenteil: Wenn es provokative Momente gab, dann stellten sie sich in den Dienst der Relativierung. Das Politische ist für mich ein sehr sensibler Punkt, den man sehr ausführlich besprechen müsste. Das ist für mich vor allem eine Form von Aktivität, also keine innere Geisteshaltung. Also ist unser "Wenn jemand fragt, wofür du stehst, sag für Amore" eher eine sinnliche Politik, wenn du so willst. Aber es gibt Real- und Firmenpolitik und Lobbyismus.

Auf der anderen Seite gibt es Politik, wie ich sie mir eigentlich wünsche, nämlich in Form einer Bürgerrechtsbewegung. Damit meine ich nicht eine politische Liste, denn das ist wiederum nur der Versuch, eine Firma zu gründen. Wenn ich politisch sage, dann meine ich echt: Auf die Straße! Aber der Ursprung all dieser Strömungen ist natürlich die innere Politik, die Politik der Liebe und der innere Drang, etwas zum Positiven zu bewegen.

Aber dann habe ich euch ja trotzdem nicht missverstanden, oder?

Marco: Nein, ich merke gerade, dass ich deine Aussage eigentlich nur bestätigt habe.

Trotzdem ist für mich diese bestimmte Form von Provokation – auch wenn du das nicht so nennen willst – verloren gegangen. Das hat dann mit deinem Selbstverständnis als Lyriker zu tun?

Marco: Man darf ja nie vergessen, dass die Texte, die ich schreibe, auch viel mit den anderen vier Musikern zu tun. Das ist der Grund, warum ich frei schreiben kann. Ich bin in einer Art Rock'n'Roll-Familie. Das gibt mir überhaupt erst die Kraft, frei schreiben zu können. Und allein deshalb sind unsere Songs von einem positiven Gefühl getragen. Weil sie schon genuin aus Liebe entstehen. Aus Liebe zueinander. Das Zueinander versuche ich mit meiner Arbeit in den Vordergrund zu stellen.

Ich finde, die Songs auf "Niente" klingen weniger verrucht. Liegt das vielleicht daran, weil du die Texte jetzt aus einem sichereren Umfeld heraus schreiben konntest?

Marco: Nein. Das Umfeld war ja immer dasselbe. Was ich eben gesagt habe, gilt für die letzten vier Jahre. Seitdem wir uns zusammengefunden haben, kann ich überhaupt erst diese Texte schreiben.

Man kann aber schon sagen, dass euer öffentliches Image ein exzessives, vielleicht auch skandalöses ist, von dem ihr profitiert habt. Ich erinnere mich an die Sache mit Ronja von Rönne, die im Video zu "Bussi Baby" aufgetreten ist, oder einen Artikel in der SZ, der sehr ...

Manuel: Unterhaltsam war der!

Sind solch kritische Stimmen vielleicht auch unbewusst ein Grund dafür, warum die Zeilen auf "Niente" im Gegensatz zu früher fast schon subtil sind? Es ist ja offensichtlich, dass euch ein Vers wie "Nimm sie, wenn du glaubst, dass du's brauchst, steck sie ein wie 20 Cent" von der letzten Platte inzwischen einige Male eher unangenehm um die Ohren geflogen ist.

Manuel: Wenn es ein solches Image von uns gibt, dann bleibt das in jedem Fall.

Marco: Es soll doch jeder selber entscheiden, was er in uns sieht und wegschauen, wenn ihm das nicht gefällt. Uns eine dämonische Macht zuzusprechen ist halt eher ein Fall für die Psychotherapie. Dass wir uns Kritik aussetzen, das ist Teil unseres Lebensentwurfs. Wir sind fucking berühmt! Wesentlich berühmter als unsere kleinen Kritiker-Anhängsel. Wir leben damit. Das ist unsere Lebensrealität. Wir bieten der Öffentlichkeit etwas an und in dem Moment lassen wir es los. Damit geht ein Kontrollverlust einher, den wir auch in Kauf nehmen müssen. Kritik ist schließlich Teil einer pluralistischen Gesellschaft. Das ist Demokratie und damit auch vollkommen berechtigt.

Wie wir das innen sehen ist eine andere Sache, ist aber auch Teil unseres Berufs. Aber das gilt es natürlich nicht zu kommentieren. Ich habe Respekt vor meinen Kritikern, aber denke mir meinen Teil. Auf Kritik kann ich so nicht reagieren. Das wäre ein Akt der Gewalt – nach meinem Verständnis der Demokratie. Und ich muss ja für mich selber entscheiden, was daran berechtigt ist und was nicht. Ich schlafe auch bisher ruhig.

Aber man kann ja nicht leugnen, dass die gesellschaftliche Arbeit von Kritikern ihre Berechtigung hat.

Marco: Alles hat seine Berechtigung. Das muss alles sein. Aber weder die noch wir gehören zu denen, die andere umbringen oder ausbeuten. Das ist ja ein Selbstzerfleischen von jungen Menschen, die alle für dasselbe stehen. Das ist ja gestört, ey.

Manuel: Es gibt immer Fliegen, die auf Elefanten scheißen.

"Wir wollen die Gesellschaft nicht noch weiter spalten"

Mein Kollege Sven Kabelitz, der euer Album bespricht, findet einige Songs sehr erdig und heimatlich, zum Beispiel "Einfacher Bua". Das weckte bei uns zwangsläufig Assoziationen zu Andreas Gabalier.

Marco: Da gehen ja offenbar Psychosen auf Stelzen durch die Branche, so dass man sie noch über den Dächern Berlins sehen kann.

Manuel: Die sollen sich um ihre Psychen kümmern!

Wäre es ein Problem, wenn ihr bald die gleichen Menschen auf euren Konzerten wiederfindet?

Marco: Um Gottes Willen! Womit ich ein Problem habe, spielt keine Rolle. Mein gesellschaftlicher Auftrag ist, etwas zur Verfügung zu stellen. Was daraus gemacht wird, das interessiert mich doch nicht.

Manuel: Es wäre schrecklich, jemandem zu verbieten, auf unser Konzert zu kommen, nur weil er auf einem Konzert vom Gabalier war. Unvorstellbar.

Marco: Das wäre verrückt. Wir wollen die Gesellschaft doch nicht noch weiter spalten, sondern würden uns freuen, wenn sie in allem wieder zusammenfindet.

Würde es trotzdem weh tun, wenn ihr mit "Niente" Fans der ersten Platte "Amore" verliert?

Marco: Das sind alles Dinge, die passieren, wenn du so groß wirst. Das können wir bei aller Liebe nicht steuern. Und wenn du an solche Dinge denkst, während du auf der Bühne stehst und du eigentlich einen Moment der Gleichheit befeuern willst, dann haut's dich ja raus. Dann ist es ja aus. Ich habe mir selbst aus Pietät vor meinem Publikum keine Gedanken über das Publikum zu machen. Ich weiß nicht, ob du je bei einem Wanda-Konzert warst, aber da sind eigentlich sehr, sehr nette Menschen, die mir selber eigentlich ausnahmslos sympathisch sind.

Und das ist das Einzige, worauf du in dieser Hinsicht hoffst, dass es so bleibt?

Marco: Das ist meine Wirklichkeit. Alles andere ist eine interpretative Ebene. Aber Menschen, die so über uns denken, sind halt nicht dabei. Oder waren nicht dabei. Und wir können nur das tun, was wir tun.

Manuel: Wir sind doch keine Milieuvertreter.

Marco: Und auch keine Politiker.

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